S. Wagner1, S. Krumbholz2, F. Andre1, H. Anders1, R. Hahn1, H. Reichl2
1 Fraunhofer-IZM, Gustav-Meyer-Allee 25, 13355 Berlin, [email protected]
2 TU-Berlin, Forschungsschwerpunkt Technologien der Mikroperipherik, 13355 Berlin)
Kurzfassung
Die fortlaufende Miniaturisierung im Bereich der Mikrosystemtechnik hat dazu geführt, dass mobile Geräte nicht mehr nur auf eine Funktion beschränkt bleiben. So dienen Telefone heute schon nicht mehr nur zum Telefonieren, sondern sie erfüllen auch den Zweck multimedialer Anwendungen wie Kameras oder Taschencomputer. Die Integration einer Vielzahl von Funktionen wird zunehmen. Dieses erfordert neue Konzepte der integrierten Energieversorgung mit hoher Energiedichte. PEM-Brennstoffzellen stellen dabei, durch die potentiell hohen Energiedichten und hohen realisierbaren Wirkungsgrade, eine Alternative zu Batterien dar. Um das mögliche Potential von PEM-Brennstoffzellen voll ausschöpfen zu können, ist die Entwicklung von Systemen in Leichtbauweise von hoher Bedeutung. Durch die Leichtbauweise können hohe gravimetrische wie auch volumetrische Energiedichten erreicht und realisiert werden. Am Fraunhofer IZM [1-5] werden Packagingtechnologien angewendet und weiterentwickelt, um PEM-Brennstoffzellen mit optimierten Abmessungen zu realisieren.
1 Einleitung
Ein zentraler Aspekt bei der Konstruktion bzw. dem Aufbau von Brennstoffzellenstacks ist die notwendige Realisierung von hohen Anpressdrücken, die für ausreichend gute Kontakte zwischen den Elektroden und den Stromkollektoren sorgen. Hier sind Drücke von bis zu 1 – 1,5 N/mm² anzustreben. Dieses stellt hohe Anforderungen bezüglich der Steifigkeit und Kompaktheit an die einzelnen Lagen bzw. Einzelzellen des Stacks. Trotz der Stackbauweise als Zellenverbund soll das System auf der Luftseite möglichst selbstatmend betrieben werden, damit keine zusätzlichen Pumpen oder Lüfter für die Versorgung mit Luftsauerstoff auf der Kathodenseite vorgesehen werden müssen. Dieses ermöglicht einen einfachen Aufbau und eine simple Betriebsführung.
Ziel der hier dargestellten Untersuchungen ist die Optimierung von Stützstrukturen auf der Kathodenseite, die einerseits für eine ausreichende Krafteinleitung zur Realisierung der notwendigen Kontaktdrücke andererseits aber auch große Öffnungsverhältnisse aufweisen, die eine Versorgung durch natürliche Konfektion zulassen. Gleichsam dienen die Stützstrukturen als Abstandshalter zwischen Einzelzellen. Dieses resultiert aus einem auf Bi-Zellen basierenden neuartigen Konzept, welches hier in Abbildung 1 schematisch gezeigt wird. Abbildung 2 zeigt den Aufbau einer PEM Brennstoffzelle als Einzelzelle ausgelegt als Explosionsansicht. Auf den kathodenseitigen Stromkollektor wird dann die Andruckstruktur gefügt, die zum Einen für einen guten Kontakt zwischen Stromkollektor und Elektrode durch eine homogene Kraftübertragung sorgen und zum Anderen eine ausreichende Versorgung mit Luftsauerstoff gewährleisten muss.
In diesem Zusammenhang sind auch die Gestaltung der Endplatten sowie deren Fixierung von großer Bedeutung. Hierzu wurden simulationsgestützte Untersuchungen durchgeführt, um gewichtsreduzierte Endplatten mit hoher Verwindungssteifigkeit realisieren zu können.
Basierend auf den theoretischen Betrachtungen wurden Zellen und elektrisch charakterisiert.
Abb. 1: schematische Darstellung des Stackkonzepts basierend
auf Bi-Zellen
Abb. 2: Aufbau einer PEM Einzelzelle (Explosionsansicht)
mit der aktiven Fläche 50x20mm²
2 Auslegung der kathodenseitigen Strukturvarianten
Bei der kathodischen Teilreaktion wird Sauerstoff verbraucht und Wasser gebildet. Dadurch ergibt sich ein Konzentrationsgefälle gegenüber der Umgebung. Die Folge sind Diffusionsbewegungen von Sauerstoffmolekülen aus der Umgebung an die Zelle und von Wassermolekülen in umgekehrter Richtung.
Bei natürlicher Konvektion, also ohne zusätzliche Lüfter, muss der diffusionsbedingte Massentransport von Sauerstoff ausreichend groß sein, damit keine Sauerstoffverarmung an der Kathode auftritt. Außerdem muss das entstehende dampfförmige Produktwasser abgeführt werden, damit es nicht auf der kathodenseitigen Zelloberfläche kondensiert und sie flutet. Die Querschnittsfläche, die für den Massentransport zur Verfügung steht, wird durch den Abstand zwischen zwei Zellen bestimmt. Die Höhe der Andruckstruktur legt diesen fest.
Für einen verlustarmen Transport der elektrischen Ladungsträger sind niedrige Kontaktwiderstände zwischen den elektrisch leitfähigen Schichten von großer Bedeutung. Bei den in der Brennstoffzelle verwendeten Komponenten zeigt der Kontaktwiderstand eine starke Abhängigkeit vom Anpressdruck an der jeweiligen Kontaktstelle. Die Andruckstruktur muss also einen möglichst hohen Anpressdruck zwischen den einzelnen Elementen ermöglichen. Der Anpressdruck sollte nicht nur an wenigen Stellen groß sein, sondern möglichst homogen auf der gesamten Fläche. Dadurch kann die Stromdichte in den Kontaktpunkten sinken, was wiederum die Verlustleistung verringert.
Anforderungsübersicht Kathodenstruktur:
- Minimierung Kontaktwiderstände über hohen, homogen verteilten Anpressdruck
- Ausreichende Flächenpressung im Dichtungsbereich
- Gasaustausch (Sauerstoffdiffusion, Wasserabtransport) mit Umgebung zulassen
- Geringes Gewicht für portable Anwendungen
2.1 Ermittlung der Belastung der Andruckelemente
Bei der Stützstruktur handelt es sich um ein statisch überbestimmtes System, da die Druckkräfte an jedem Steg bzw. jeder St&uu
ml;tze nicht eindeutig aus den Gleichgewichtsbedingungen berechnet werden.
Unter Berücksichtigung und Modellierung des elastischen Materialverhaltens des Strukturwerkstoffs ist es möglich die Kräfte exakt zu bestimmen. Allerdings wäre dies mit einem enormen Rechenaufwand verbunden. Zweckmäßiger ist es in diesem Fall unter Zuhilfenahme von geschickt gewählten Annahmen die Kräfte überschläglich zu berechnen. Die Unsicherheiten bei der Berechnung werden anschließend über einen Überhöhungsfaktor berücksichtigt. Dabei wird zunächst die elastische Verformung des Materials vernachlässigt und außerdem von exakt gefertigten, also gleich langen, Stützen ausgegangen. Außerdem wird der Einfluss der Krafteinleitung in den Dichtungsrahmen vernachlässigt.
Damit teilt sich die Kraft gleichmäßig auf alle Stege bzw. Stützen der Andruckstruktur auf. In jedem Element tritt dann nur die Druckkraft FEl auf.
Abb. 3: Freischnitt der Andruckstruktur
Die Gesamtkraft FStack wird berechnet aus dem Soll- Anpressdruck auf die Zellfläche und der Zellfläche.
FStackStack = PZelle • AZelle
PZelle — Soll-Anpressdruck [N/mm²]
AZelle — Zellfläche [mm²]
Diese Kraft teilt sich gleichmäßig auf alle Elemente auf.
FEl = FStack ÷ n
FEl — Druckkraft je Element [N]
n — Anzahl Tragelemente [-]
Die Druckkraft für jedes Element wird nun aufgrund der beschriebenen Ungenauigkeiten bei der Ermittlung mit einem Sicherheitsfaktor multipliziert. Dieser kann auch als Überhöhungsfaktor, der eine lokal größere Kraft als die berechnete mittlere Kraft berücksichtigt, interpretiert werden.
FEl‘ = FEl • SV
FEl‘ — Druckkraft je Element unter Berücksichtigung des Vereinfachungsfaktors [N]
SV — Faktor für Berücksichtigung der getroffenen Vereinfachungen
Die ermittelten Werte für die ermittelten Kräfte werden dann mit Sicherheitsfaktoren gegen Fliesen (plastische Verformung), Knicken und Beulen beaufschlagt.
2.2 Dimensionierung der Andruckelemente
Nach diesen Betrachtungen wurden Andruckstrukturen dimensioniert und mit unterschiedlichen Abständen der Stege realisiert, die in Tabelle 1 aufgeführt sind. Die Abstände wurden mit 2 mm, 4 mm und 8 mm variiert.
Unter der Annahme, dass die Sauerstoffversorgung nur über eine Fick‘sche Diffusion erfolgt, lässt sich anhand der gewünschten Stromdichte nach [6] die erforderliche Höhe über der Zelle bestimmen.
h = (j0 • l²d) ÷ (4 • F • D • C0)
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Zelle auf beiden langen Seiten offen ist und somit Sauerstoff von beiden Seiten an die Zelle diffundieren kann:
ld = ½ • bZelle
ld — Diffusionslänge [mm]
bZelle — Zellbreite [mm]
j0 — Stromdichte [mA/cm²]
F — Faraday-Konstante [C/mol]
D — Diffusionskoeffizient von Sauerstoff in Stickstoff [cm²/s]
C0 — Sauerstoffkonzentration [mol/cm³]
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Zelle auf beiden langen Seiten offen ist und somit Sauerstoff von beiden Seiten an die Zelle diffundieren kann:
Abbildung 4 zeigt Beispielhaft eine kathodenseitige Andruckstruktur mit einer Höhe von 4 mm.
Abb. 4: Beispiel einer kathodenseitigen Andruckelements
In der folgenden Tabelle sind die gefertigten Andruckelemente zusammengefasst.
Tab. 1: Zusammenfassung der realisierten Andruckelemente
2.3 Gemessene Kraftverteilung
Um Aussagen über die Homogenität des Kontaktwiderstands auf der Zellfläche machen zu können, wurde die Druckverteilung mit einer drucksensitiven Folie (Pressurex®-Folien) gemessen. Dazu wurde zunächst eine Einzelzelle aufgebaut und in einer pneumatischen Spannvorrichtung ein definierter Anpressdruck aufgebracht.
Die Messung wurde mit verschiedenen Andruckstrukturen wiederholt. In der folgenden Tabelle sind die Kraftverteilungen in der Brennstoffzelle bei verschiedenen Drücken und variierten Strukturabständen dargestellt.
Tab. 2: Kraftverteilungen bei variierten Anpressdrücken.
Tabelle 2 zeigt die Verfärbung der Entwicklerfolien nach Einwirken der jeweiligen Kraft für jeweils 2 Minuten. In der gezeigten Darstellung ist die Ausrichtung der Folien zur Zelle immer gleich.
Es ist zu erkennen, dass bei den Strukturen mit einem Stegabstand von 8 mm nur noch eine unzureichende Kraftübertragung zwischen den Stegen erzielt werden kann. In den Bereichen zwischen den Stegen kommt es zu Kontaktabhebern mit ungenügender elektrischer Leitfähigkeit im Kontaktbereich. Dies hat eine inhomogene Stromverteilung in der Fläche zur Folge, was sich nachteilig auf den Betrieb der Brennstoffzelle auswirkt und zu vermeiden ist. Die Struktur mit einem Stegabstand von 4 mm zeigt hier noch ein ausreichendes Verhalten. Bei einem Stegabstand von 2 mm zeigt sich bereits bei geringeren Anpressdrücken eine gute Kraftübertragung. Diese Variante stellt aber auch den höchsten Materialaufwand dar, der sich in der Masse niederschlägt.
2.4 Dimensionierung der Endplatte
Ziel ist der Entwurf einer Endplatte, die in der Lage ist, die notwendigen Flächenkräfte verwindungs- und durchbiegungsfrei zu übertragen. Die Endplatte muss aber gleichzeitig so leicht wie möglich sein, damit das Ziel hoher gravimetrischer Leistungsdichten erreicht werden kann.
Als Material kommt hier Alu-Guss AlSi7Mg0.6 zum Einsatz.
Es wurden unter der Annahme einer konstanten Flächenlast von 0,7N/mm² bezogen auf die aktiven Fläche Simulationsrechnungen für unterschiedliche P
lattendicken und variierten Rippenlayout durchgeführt. Als Ausgangspunkt wurde eine massive Platte mit einer Stärke von 3 mm herangezogen. Ausgehend von diesen Werten wurde die Plattendicke um 50 % reduziert. Unterschiedliche Rippenlayouts zur Verstärkung der Grundplatte bei gleichzeitiger Reduzierung der Durchbiegung wurden berechnet.
Die Tabelle 3 zeigt die simulierten Ergebnisse der maximalen Durchbiegung der Endplatte. Dem wurde die aus dem Aufbau resultierende Masse gegenübergestellt. In Abbildung 5 ist die simulationstechnisch ermittelte Durchbiegung für eine Endplatte mit einer Plattendicke von 1,5 mm sowie einer Verstärkung durch eine 4-fache kreuzweise Verstrebung dargestellt.
Tab. 3: Berechnete max. Durchbiegung für verschiedene
Endplattenlayouts.
Durch die Berechnungen konnte gezeigt werden, dass durch eine Erhöhung der zulässigen Masse für die Endplatte von 8,5 g auf 12,44 g eine Reduzierung der Durchbiegung von mehr als 70 % erreicht werden. Gleichzeitig kann durch eine 4-fache Verstrebung eine Reduzierung der Masse von 27 % bei einer stärken max. Durchbiegung von 13 μm im Vergleich zu einer Vollmaterialplatte erreicht werden.
Abb. 5: berechnete Durchbiegung mit 4 Streben
3 Elektrische Charakterisierung von Einzelzellen
Um die Funktionsfähigkeit dieses Aufbaukonzepts nachweisen und Leistungsfähigkeit testen zu können, wurden Einzelzellen mit einer aktiven Fläche von 10 cm² aufgebaut und elektrisch charakterisiert. Die Messungen wurden bei Raumtemperatur und selbstatmendem Betrieb auf der Kathodenseite durchgeführt. Mit „selbstatmendem Betrieb“ ist in diesem Zusammenhang die Versorgung der Kathodenreaktion mit Luftsauerstoff durch natürliche Konvektion zu verstehen.
In der folgenden Abbildung ist die Spannungs-Strom- sowie die Leistungs-Strom-Charakteristik der realisierten Zellen dargestellt.
Abb.6: UI-Charakteristik einer PEM-Brennstoffzelle mit
einer aktiven Fläche von 10 cm² im selbstatmenden Betrieb
bei Raumtemperatur.
Auch ein langzeitstabiler Betrieb konnte gezeigt werden. Die Zellen wurden 450 h kontinuierlich in einem potentiostatischen Betrieb bei einer Zellspannung von 0,7 V belastet, ohne das es zu Versorgungproblemen auf der Kathodenseite kam.
4 Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, dass mittels gewichts- und kraftoptimierter Andruckstrukturen PEM-Brennstoffzellen realisiert werden können, mit denen Leistungsdichten 0,1 W/cm² bei einer Zellspannung von 0,7 V bei einem selbstatmenden Betrieb erreicht werden können. Dieses ermöglicht es, PEM-Brennstoffzellenstacks mit optimierten Andruckstrukturen auf der Kathodenseite mit hohen gravimetrischen Leistungsdichten zu realisieren.
5 Literatur
- A. Schmitz, R. Hahn, S. Wagner, C. Hebling: Stability of Planar PEMFC in Printed Circuit Board Technology, Journal of Power Sources, Vol. 127, pp. 197-205 (2004)
- S. Wagner, R. Hahn, H. Reichl: Foil type PEM micro fuel cell with Self-Breathing Cathode Side in Fuel Cell Electronics Packaging; Springer 2007, ISBN-10:0- 387-47323-8, edited by Ken Kuang, pp. 123-144
- R. Hahn, S. Wagner, S. Krumbholz, H. Reichl: Development of Micro Fuel Cells with Electronics Manufacturing Technologies, VDI/VDE mst-news 1/08 pp. 23-24
- R. Hahn, S. Wagner, S. Krumbholz, H. Reichl: Development of micro fuel cells with organic substrates and electronics manufacturing technologies; ECTC 2008, May 27-30, 2008
- S. Wagner: Entwicklung von Mikro-Polymermembranbrennstoffzellen unter Einsatz von Mikrostrukturierungstechnologien, Dissertation an der TU-Berlin (2008)
- R. Xiaoming, S. Gottesfeld, Fuel cell stack with passive air supply, US Patent 6986961, Jan 17 2006