Vorstand: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H.-G. Liebich Angefertigt unter der Leitung von PD Dr. Johann Maierl
Aus dem Institut für Tieranatomie der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München
Lehrstuhl für Tieranatomie I, insbesondere Systematische und Topographisch-klinische Anatomie
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt von Stefanie Riegert aus Geislingen an der Steige München 2004
Abkürzungen
A. | Arteria |
Art. | Articulatio |
ATW | Antetorsionswinkel, Femurtorsion [°] |
BSH | Berner Sennenhund |
CISG | Computational Imaging Science Group, King`s College, London |
CT | Computertomograph |
CTOAM | Computertomographie-Osteoabsorptiometrie |
dpi | dots per inch |
DSH | Deutscher Schäferhund |
FTR | Femorotibiale Rotation [º] |
HE | Hounsfield-Einheiten |
HNO3 | Salpetersäure |
HU | Hounsfield-Units |
Lig. | Ligamentum |
M | Mittelwert/td> |
m | männlich |
M. | Musculus |
mAs | Milliamperesekunden |
MIP | Maximum Intensity Projection |
MPa | Megapascal (1 MPa = 1 N/mm²) |
N | Newton |
ROI | Region of Interest |
S | Standardabweichung |
V. | Vena |
VTK | Visualization Toolkit |
w | weiblich |
A. Einleitung
Von allen Gelenken des Hundes ist das Kniegelenk am häufigsten von Verletzungen betroffen (Brunnberg, 1989a). Beim adulten Hund sind hierbei die Kreuzbandrupturen und darunter deutlich das vordere Kreuzband dominierend (Allgoewer et al., 2000; Paatsama, 1952). Die Vielzahl der entwickelten Behandlungsverfahren sind ein Hinweis darauf, dass eine optimale Therapie noch nicht gefunden wurde (Brunnberg, 1989a). So fordern Jackson et al. (2001) verbesserte Operationsmethoden der vorderen Kreuzbandrisse bei optimierter Heilungsmöglichkeit der mitbetroffenen Menisken. Um Operationsverfahren mit möglicher Änderung der biomechanischen Verhältnisse kritisch beurteilen zu können, ist eine umfassende Kenntnis der physiologischen Zustände im Gelenk nötig. Da das Stützgewebe sich funktionell an mechanische Belastungen anzupassen vermag (Carter et al., 1991; Goodship et al., 1979; Kummer, 1962; Pauwels, 1965; Rietbergen van et al., 1993; Roux, 1881; Rubin und Lanyon, 1984; Wolff, 1892), ist der Rückschluß von der Morphologie der Gewebestruktur auf die längerfristige Belastung im Gelenk ebenfalls zulässig.
Mit dem von Müller-Gerbl et al. (1990) eingeführten computertomographischen Verfahren der Osteoabsorptiometrie (CT-OAM) wurden in der Human- und Tiermedizin schon von verschiedenen Gelenken Dichteverteilungen der subchondralen Knochenplatte untersucht und dargestellt (Dickomeit, 2002; Eller, 2003; Lieser, 2003; Maierl und Böttcher, 1999) und durch die Untersuchungen der Spaltlinienmuster in Hinblick auf die Verteilung der Dehnungsspannungen im Gelenk von Schön (2000) erweitert. Außerdem wurden die Kontaktflächen in der Art. femorotibialis nicht nur topographisch, sondern auch quantitativ untersucht. Für das Kniegelenk des Hundes liegen solche Untersuchungen noch nicht vor.
Ziel dieser Arbeit war es, durch Untersuchungen der morphologischen Parameter der Belastung Rückschlüsse auf die physiologischen mechanischen Belastungszustände im Kniegelenk des Hundes zu ziehen, um durch Kenntnis dieser Zustände neue Operationsverfahren kritisch beurteilen zu können.
B. Literatur
1. Anatomie des Kniegelenks (Articulatio genus)
Die folgenden anatomischen Beschreibungen des Kniegelenks sind vorwiegend den Werken folgender Autoren entnommen: Evans (1993a), Frewein (1994), König und Liebich (2001), Nickel et al. (2001), Robins (1990), Vasseur (1993a) sowie Carpenter und Cooper (2000).
Das Kniegelenk ist aus 3 Anteilen zusammengesetzt:
- dem Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis)
- dem Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris)
- der proximalen Verbindung zwischen Schien- und Wadenbein (Articulatio tibiofibularis proximalis). Vollmerhaus et al. (1994) beschreiben diesen letzten Teil als ein straffes Gelenk ohne Bewegung mit enger Gelenkkapsel.
Die Gelenke sind nach Evans (1993a) in ihrer Bewegung voneinander abhängig. Da die Patella über Bänder mit der Tibia verbunden ist, bewegt sie sich immer mit dem Kniekehlgelenk mit.
1.1.1 Kniekehlgelenk (Art. femorotibialis)
Das Kniekehlgelenk wird von den verschiedenen Autoren allgemein als ein inkongruentes, unvollkommenes Wechselgelenk bezeichnet. Vollmerhaus et al. (1994) bezeichnen es als ein Rollgleitgelenk, während es sonst aufgrund der Gelenkform als ein Walzengelenk (Art. condylaris) beschrieben wird.
Die Menisken, die die Inkongruenz zwischen den stark gekrümmten Femurkondylen und der nahezu ebenen Facies articularis der Tibia ausgleichen, machen aus dem eigentlichen Wechselgelenk, das zunächst nur zu Beugung und Streckung befähigt wäre, durch ihre Verschieblichkeit ein unvollkommenes Wechselgelenk, das zusätzlich in geringem Maße Rotationsbewegungen im Gelenk zulässt. Vollmerhaus et al. (1994) beziffern die mögliche Beugung und Streckung auf 90° bis 130°, während Dyce et al. (1994) den kaudalen Winkel als “niemals größer als 150°” beschreiben. Die Längsachsen von Femur und Tibia können demnach nie auf eine Gerade gebracht werden. Die geringgradigen Ab- und Adduktions-, sowie Rotationsbewegungen sind nach Vollmerhaus et al. (1994) unter 20°, während Arnoczky und Marshall (1977) in Streckung die Innenrotation auf 6°, die Außenrotation auf 5° beziffern und in Beugung 19° bzw. 8° festgestellt haben. Die Achse der Drehbewegung des Gelenks liegt in der Mitte des medialen Femurkondylus.
Aufgrund der Gelenkform ist das Kniegelenk außerdem als ein Spiralgelenk zu bezeichnen. Die Femurkondylen sind kau
dal deutlich stärker gekrümmt als kranial. Dies ergibt in der Seitenansicht ein spiraliges Aussehen (Brunnberg, 1989a; Knese, 1949). Die exzentrische Drehachse und die exzentrisch fixierten Seitenbänder haben in der mittleren Kniestellung die kürzeste Strecke zu überbrücken. Bei stärkerer Beugung oder Streckung werden die Bänder vermehrt gedehnt, die Spannung steigt und ergibt eine Bremswirkung in der Bewegung (Vollmerhaus et al., 1994a).
1.1.2 Bänder des Kniekehlgelenks
Die Bänder des Kniekehlgelenks verbinden das Os femoris mit dem Unterschenkelskelett. Die beiden Seitenbänder, das Lig. collaterale laterale und mediale, entspringen am lateralen bzw. medialen Epicondylus des Os femoris und ziehen medial bis etwas kaudodistal des Condylus tibiae und lateral zusätzlich an das Caput fibulae. Die Gesamtlänge des medialen Seitenbandes ist durchschnittlich um 30% größer als die des lateralen und hat einen langen Ansatzbereich medial an der Tibia (Koch und Waibl, 1999) unter dem regelmäßig eine flüssigkeitsgefüllte Bursa zu finden ist (Vasseur und Arnoczky, 1981). Dieser Ansatz hat zur Folge, dass bei Beugung das mediale Seitenband nicht wie das laterale vollständig entspannt wird, sondern im kranialen Anteil weiterhin unter Spannung steht und damit die Außenrotation der Tibia verhindert (Vasseur und Arnoczky, 1981). Das lockerere laterale Seitenband erlaubt zusätzlich durch eine erhöhte Freiheit des lateralen Condylus ossis femoris und des lateralen Meniskus eine Innenrotation der Tibia (Fuss, 1991a; Koch und Waibl, 1999; Vasseur und Arnoczky, 1981). In Beugung kommt es zur Entspannung des Lig. collaterale laterale und führt zu einer Innenrotation der Tibia. Eine weitere Rotation wird durch die Kreuzbänder verhindert. Dabei verhindern beide Seitenbänder eine Varus- oder Valgusstellung der Tibia (Vasseur und Arnoczky, 1981). In der Streckung übernehmen vor allem die beiden Kollateralbänder die Stabilisierung des Gelenks, während bei Beugung diese Aufgabe vorwiegend von den Kreuzbändern (Ligg. cruciata genus) übernommen wird (Henschel et al., 1981).
Die beiden Kreuzbänder stellen die zweite wichtige Gruppe der Kniekehlgelenksbänder dar. Sie liegen intrakapsulär, aber extrasynovial. Beide Kreuzbänder bestehen aus mehreren Faserbündeln mit unterschiedlicher Funktion. Das Gros der Faserbündel des vorderen Kreuzbandes ist in maximaler Streckung gespannt, während sie es beim hinteren Kreuzband in mittlerer Stellung und maximaler Beugung sind (Fuss, 1989, 1991b). Das Lig. cruciatum craniale entspringt am Condylus femoris lateralis an seiner interkondylären Fläche und inseriert in der Area intercondylaris cranialis medialis der Tibia. Das vordere Kreuzband weist mikroskopisch-anatomisch drei Abschnitte auf. Während das proximale und distale Drittel die Struktur einer Zugsehne haben, zeigt das mittlere Drittel die Struktur einer faserknorpligen Gleitzone einer Gleitsehne (Reese, 1995).
Wie Morris und Lipowitz (2001) nachweisen konnten, spielt die Größe des Tibiaplateauwinkels (vgl. Abb. 1) eine Rolle in der Entstehung von Verletzungen des vorderen Kreuzbandes. So zeigte in ihrer Untersuchung die Gruppe mit Kreuzbandverletzungen einen signifikant größeren Tibiaplateauwinkel von durchschnittlich 23,8° im Vergleich zu 18,1° in der Vergleichsgruppe ohne Kreuzbandschäden, während El Fakharani (1997) in seiner Arbeit einen durchschnittlichen Plateauneigungswinkel von 31,4º fand.
Abb. 1: Die Gerade A zieht von proximal durch die Eminentia intercondylaris
nach distal durch die Mitte des Talus. Die Gerade B verläuft entlang der medialen Gelenkfläche.
Die Gerade C steht senkrecht auf A im Schnittpunkt mit B. Der Winkel zwischen C und B
ist der Tibiaplateauwinkel Ø (Caylor et al., 2001).
Die Gewichtskraft und der Quadrizepszug werden durch das Kniekehlgelenk geleitet und in Kompression umgewandelt. Der Neigungswinkel des Tibiaplateaus und die Kompressionskraft ergeben den von Slocum und Devine (1983) und Slocum (1984) als “cranial tibial thrust” bezeichneten, kranialen Tibiaschub. Durch die Neigung des Tibiaplateaus liegt der Artikulationspunkt zwischen Tibia und Femur vor der funktionellen Tibialängsachse und somit auch dem Drehpunkt des Kniegelenks (siehe Abb. 2). Der kraniale Tibiaschub ist die resultierende Kraft, der das vordere Kreuzband entgegenwirkt.
Abb. 2: Schematische Darstellung des Begriffes „Kranialer Tibiaschub“ (T): der
Kontaktpunkt von Femur (Fe) und Tibia liegt vor der funktionellen Tibialängsachse
(F) (Slocum und Devine, 1983). Bei einem Tibiaplateau (P), das senkrecht zur
funktionellen Tibialängsachse steht, kommt es zum Wegfall des Tibiaschubs, es
bleibt nur die nach unten gerichtete Kompressionskraft (Slocum und Devine, 1983).
AR = augenblickliches Rotationszentrum, C = Kompressionskraft (in Darstellung b)
zur klaren Darstellung parallel verschoben)
Korvick et al. (1994) zeigten in dreidimensionalen kinematischen Untersuchungen in Schritt und Trab, dass die Schwungphase während der Vorwärtsbewegung beim Hund unabhängig vom vorderen Kreuzband erfolgt, die Standphase hingegen in Abhängigkeit zu diesem Band steht. Beim Fehlen des vorderen Kreuzbandes zeigt sich eine kraniale Subluxation der Tibia bei der Belastung der Extremität.
Das hintere Kreuzband (Lig. cruciatum caudale) entspringt am medialen Femurkondylus und zieht zur Area intercondylaris caudalis und bis zur Incisura poplitea. Es ist etwas länger und breiter als das vordere Kreuzband (Arnoczky, 1988), zudem besser vaskularisiert (Brunnberg, 1989b). Die Kreuzbänder geben die innere Gelenkstabilität, und im intakten Zustand verhindern sie in Streckung und Beugung das sogenannte Schubladenphänomen. Beim Schubladenphänomen lässt sich die Tibia im Verhältnis zum Femur in der Horizontalebene nach kranial bzw. kaudal verschieben. Arnoczky und Marshall (1977) nennen diese Stabilisierung durch die Kreuzbänder die kraniokaudale Stabilität. Slocum und Devine (1983) konnten weiterhin zeigen, dass das vordere Kreuzband die Innenrotation der Tibia bei einem Beugungswinkel von 90° auf 19° beschränkt und eine maximale Streckung des Kniegelenks auf 148° limitiert.
Nickel et al. (2001) erwähnen noch zusätzlich das schräge Kniekehlband, das Lig. popliteum obliquum, das eine Bindegewebsverstärkung kaudal in der Gelenkkapsel darstellt und von lateroproximal nach mediodistal verläuft.
Sommer et al. (1999) beschrieben beim Hund das Lig. synoviale infrapatellare, das vom Corpus adiposum infrapatellare
, dem Kniefettkörper, ausgehend frei durch die Gelenkhöhle zur Fossa intercondylaris ossis femoris zieht und eine Analogie zur Plica synovialis infrapatellaris im humanen Kniegelenk darstellt. Das Band sei ebenfalls als ein Rudiment der ursprünglichen Kapselscheidewand zu sehen, die in einer phylogenetisch früheren Stufe die beiden Gelenke, Art. femorotibialis und Art. femorofibularis voneinander trennte.
Tab. 1: Zusammenfassung der Spannungszustände der Seiten- und Kreuzbänder im
kaninen Kniegelenk nach (Ireland et al., 1986).
1.1.3 Diagnose der Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale und caudale, Seitenbandrupturen und Meniskusläsionen
Die Aufgabe des vorderen Kreuzbandes liegt in der Begrenzung der Innenrotation und der Verschieblichkeit von Femur und Tibia in kraniokaudaler Richtung (Brunnberg, 1989b). Es ist das wichtigste Element zur Stabilisierung des Knies (Braden, 1980) in der kraniokaudalen Achse. Die Diagnose der Ruptur ergibt sich aus der gestörten Funktion des Bandes.
Das „vordere Schubladenzeichen”, also die kraniale Verschieblichkeit der Tibia gegenüber dem Femur und die Innenrotation kann als pathognomonisch gesehen werden. Das Schubladenphänomen (Abb. 3) ist am besten bei leicht gebeugtem Knie auszulösen (Paatsama, 1952). Schon eine vermehrte Verschieblichkeit nach kranial von nur 1 mm ist als Zeichen einer Ruptur zu werten (Brunnberg, 1989b).
Abb. 3: Prüfung der Stabilität des Lig. cruciatum craniale bzw. Vorhandensein
der vorderen Schublade. a Keine Verschieblichkeit; b Verschieblichkeit der Tibia nach vorderer
Kreuzbandruptur nach kranial
möglich (aus: Brunnberg, 1989b);
Der Tibia-Kompressions-Test von Henderson und Milton (1978) verdeutlicht über die Subluxation der Tibia nach kranial den vorderen Kreuzbandriss (Abb. 4)
Abb. 4: Tibia-Kompressions-Test: a Keine Subluxation bei intaktem vorderen Kreuzband;
b Subluxation des Tibiakopfes nach vorderer Kreuzbandruptur (aus: Brunnberg, 1989b);
Zum Ausschluss möglicher Differentialdiagnosen ist die Anfertigung einer Röntgenaufnahme in zwei Ebenen nötig (Brunnberg, 1989b).
Eine Geschlechtsgebundenheit für das Auftreten des Kreuzbandrisses konnte nicht festgestellt werden Allerdings eine Rasseprädisposition für mehrere Rassen wie Rottweiler, Labrador Retriever, Bernhardiner und andere, sowie ein erhöhtes Körpergewicht als Risikofaktor (Duval et al., 1999).
Im Gegensatz zum Menschen sind beim Hund die meisten Meniskusläsionen keine Primärverletzungen, sondern sie treten sekundär nach Seiten- oder vorderer Kreuzbandruptur, durch die vermehrte Rotations- oder Gleitbewegung auf (Braden, 1980; Pettit et al., 1980). Charakteristisch ist der Schaden am medialen Meniskus nach vorderer Kreuzbandruptur. Beim Auslösen der „vorderen Schublade” springt der mediale Femurkondylus über das kaudale Meniskushorn und erzeugt dabei das charakteristische „Menikusschnappen” (Pettit et al., 1980), den Meniskusklick. Das kaudale Horn wird nach vorn geklappt, die Gleitbewegung dadurch verhindert.
Der Riss des hinteren Kreuzbandes tritt nur äußerst selten auf und dann meist nach einem schweren Trauma gemeinsam mit dem vorderen Kreuzband. In diesem Fall ist die Diagnose durch das Auslösen der Schublade zu stellen. Ist nur das kaudale Band gerissen, ist die Diagnose durch eine geringgradige Schublade bei charakteristischer Rotationsinstabilität in einer Arthrotomie zu bestätigen (Braden, 1980).
Die Schäden an Kollateralbändern sind durch das mediale bzw. laterale Aufklappen des Gelenks durch Palpation zu diagnostizieren (siehe Abb. 5).
Abb. 5: Darstellung des Kniegelenks des Hundes mit einem Abriss des lateralen
Seitenbandes bei der Untersuchung. Das Gelenk lässt sich durch Druck der beiden
Zeigefinger nach lateral öffnen (Braden, 1980). Analoges gilt bei medialem Bandriss.
1.2.1 Kniescheibengelenk (Art. femoropatellaris)
Das Kniescheibengelenk wird allgemein als ein Schlittengelenk (Art. delabens) bezeichnet. Entwicklungsgeschichtlich ist dieses Gelenk als ein Schleimbeutel, der jetzt die Gelenkkapsel bildet, unter dem Sesambein der Quadrizepsendsehne, nämlich der Patella, anzusehen. Durch die Funktion und die synchrone Bewegung mit dem Kniekehlgelenk lässt es sich aber als Bestandteil des Kniegelenks auffassen.
Die Patella gleitet mit ihrer Facies articularis auf der Trochlea femoris, bzw. nach Vollmerhaus et al. (1994) im Sulcus patellaris des Os femoris. Moritz (1960) beschreibt ihre Form beim Hund als schmal und knoblauchspaltenförmig. Ihre Gleitfläche wird beim Hund durch die Fibrocartilagines suprapatellaris und parapatellaris in der Endsehne des M. quadriceps vergrößert, die sich proximal, medial und lateral in unterschiedlicher Gestalt, Beschaffenheit und variabler Verbindung untereinander um die Patella darstellen lassen. Durch sie könnte das erhöhte Risiko für eine Luxatio patellae aufgrund der niedrigen Rollkämme des Os femoris beim Hund in gewissem Rahmen kompensiert werden. Die suprapatellaren Faserknorpel stellen sozusagen eine Verlängerung der Patella nach proximal dar. Die Cartilagines parapatellares können als Stütze bei der Gleitbewegung angesehen werden (Drahn, 1925, 1926; Moritz, 1960; Robins, 1990).
Die Stabilität des Kniescheibengelenks wird durch die Quadrizepssehne und die Retinacula femoropatellaria, die schrägen Kniescheibenbänder gewährleistet (Henschel et al., 1981).
1.2.2 Bänder des Kniescheibengelenks
Hierzu werden die Retinacula patellae gezählt, bei denen es sich um Faszienverstärkungen aus Abzweigungen verschiedener Muskeln handelt. Als Anteile der Retinacula patellae sind die Ligg. femoropatellare mediale und laterale beim Fleischfresser nur undeutlich als 2 festere Züge zu erkennen und ziehen von den Ossa sesamoidea musculi gastrocnemii zu den seitlichen Rändern der Patella. Das „Kniescheibenband“ ist eigentlich die Endsehne des M. quadriceps femoris, in deren Verlauf die Patella als Sesambein eingelagert ist. Es zieht vom distalen spitzen Ende der Patella, der Apex, zur Tuberositas tibiae und wird in diesem Abschnitt als Lig. patellae bezeichnet. Vor ihrer Insertion an der Tibia wird die Sehne von einer Bursa infrapatellaris unterpolstert. Der Kniefettkörper, Corpus adiposum infrapatellare, liegt zwischen der Membrana fibrosa und der Membrana synovialis direkt distal der Patella und unterla
gert das Lig. patellae wie ein Kissen. Die Gelenkkapsel, die sich unter dem straffen Band nicht anpassen kann, unterstützt der Fettkörper beim Ausgleich (Brunnberg, 1989a).
1.2.3 Diagnose der Patellaluxation
Nachdem Putnam (1968) die Patellaluxationen in vier Grade unterteilte, die von Singleton (1969), Harrison (1975) und Hulse (1981) in ihrer Unterteilung verfeinert wurden, konnte Weber (1992) keine reproduzierbaren morphologischen Merkmale zur Diagnosestellung der Patellaluxation feststellen. Vielmehr liegt die Ursache in einem dynamischen Problem. Der Versuch von Kaiser et al. (1997) über Achsenabweichung der Hintergliedmaßen die Luxationsgrade zu differenzieren, erwies sich für eine eindeutige Unterscheidung als nicht ausreichend sensibel. Die Diagnostik der Patellaluxation muss deshalb ausschließlich klinisch erfolgen (Koch et al., 1998).
Hierfür hat sich ein standardisierter Untersuchungsgang als hilfreich erwiesen (Koch et al., 1998). Nach Anamnese, Gang- und orthopädischer Untersuchung folgt die klinische. Dabei müssen die Tiere sowohl im Stehen (Abb. 6, Bild 1), in Rückenlage, als auch in entspannter Seitenlage (Abb. 6, Bild 2 und 3) untersucht werden.
Abb. 6: Bild 1: Palpation der Patellae am stehenden Tier, zur Untersuchung auf me
diale oder laterale Patellaluxation.
Bild 2: Untersuchung auf mediale Patellaluxation am liegenden Tier mit gestrecktem
Hüft- und Kniegelenk und innenrotierter Tibia.
Bild 3: Untersuchung auf laterale Patellaluxation am liegenden Tier mit gebeugtem
Hüft- und Kniegelenk und außenrotierter Tibia. (aus: Koch et al., 1998)
In Rückenlage werden die Gelenke der Hintergliedmaße (Hüft-, Knie-, Karpalgelenk ) in 90-Grad-Flexionsstellung gebracht und dabei nach innen bzw. außen rotiert. Dabei achtet man auf eine mögliche asymmetrische Rotation der beiden Tibiae (Koch et al., 1998). Aufgrund der biomechanischen Situation kann eine laterale Luxation der Patella am leichtesten in Beugung und Exorotation, die mediale dagegen am besten in Streckung und Endorotation diagnostiziert werden (Koch et al., 1998).
Damit gelangt man nach Koch et al. (1998) zu folgender Gradeinteilung:
Grad 0: Die Patella kann in keiner Position vollständig aus dem Sulcus trochlearis gedrückt werden.
Grad 1: Die Patella kann vollständig luxiert werden, kann aber rein manuell repositioniert werden.
Grad 2: Die Patella kann vollständig luxiert werden, eine Bewegung der Hintergliedmaße führt zur Reposition.
Grad 3: Die Patella ist am stehenden Hund mindestens einmal spontan oder permanent luxiert. Eine Reposition ist möglich.
Grad 4: Die Patella ist permanent luxiert. Eine Reposition ist nicht möglich.
Zur weiteren Beurteilung einer möglichen Therapie, der Prognose und der Zuchttauglichkeit, da besonders bei den kleinwüchsigen Rassen die Patellaluxation eine der häufigsten Fehlbildungen des Hundes darstellt (Priester, 1972), sehen Kaiser et al. (1997) die radiologische oder magnetresonanztomographische Bestimmung des Q-Winkels (siehe Kapitel 1.7) als eine Möglichkeit der zusätzlichen genaueren Beurteilung.
1.3 Menisken (Menisci articulares) und ihre Bänder
Die Menisken sind mandarinenschnitzförmige Faserknorpelscheiben und liegen zwischen den stark konvexen Femurkondylen und der nahezu ebenen Tibiagelenkfläche. Sie dienen, wie oben erwähnt, dem Ausgleich der Inkongruenz des Gelenks und damit der Stabilisierung (König und Liebich, 2001; Robins, 1990) sowie als Stoßdämpfer während der Stützbeinphase (Schreiber, 1947b) und schützen so die Gelenkflächen von Tibia und Femur. Außerdem sollen sie als Hemmungskeile eine Sperrwirkung bei extremer Beugung oder Streckung im Gelenk erzielen (Schreiber, 1947b). Weiterhin wird die Vergrößerung der druckaufnehmenden Fläche durch die Menisken erwähnt, was zu einer günstigeren Druckverteilung führt. Die abaxialen Seiten der Menisci sind dicker und konvex, die axialen hingegen dünn und konkav (Dyce et al., 1952; Müller, 1969). Der laterale Meniskus ist insgesamt größer und dicker als der mediale. Die kranialen und kaudalen Winkel der Menisken werden von Vollmerhaus (1994) als Hörner bezeichnet. An ihnen setzen die kranialen und kaudalen Ligg. meniscotibialia an und fixieren sie an der Tibia bzw. am Os femoris:
I. Lig. tibiale craniale menisci laterale bzw. mediale
II. Lig. tibiale caudale menisci laterale bzw. mediale
III. Lig. meniscofemorale
Es verläuft vom Kaudalhorn des lateralen Meniskus an die interkondylare Fläche des medialen Femurkondylus (Vollmerhaus et al., 1994b), ist bei der Streckung gestrafft und bremst dadurch die Kaudalverschiebung des lateralen Meniskus (Ziesenis, 1988).
IV. Lig. transversum genus
Es verbindet die beiden Kranialhörner untereinander.
Zusätzlich stehen die Menisken an ihren abaxialen Rändern auch noch in Verbindung mit der Gelenkkapsel. Die Ursprungssehnen des M. popliteus und M. extensor digitorum longus verhindern die Verbindung zwischen dem lateralen Meniskus und der Gelenkkapsel (Pettit et al., 1980). Da sich die Ursprungssehne des M. popliteus zwischen das Seitenband und den Außenmeniskus schiebt, haben auch sie keine Verbindung untereinander (Brunnberg, 1989a). Der mediale Meniskus ist fest verbunden mit dem medialen Seitenband sowie mit der Gelenkkapsel (Schreiber, 1947b); somit führt Gelenkbewegung zur Bewegung der Menisken. Während der Beugung gleiten die Menisken nach kaudal, wobei der mediale Meniskus durch die stärkere Fixation sich deutlich weniger bewegen kann als der laterale. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit erhöht das Verletzungsrisiko des medialen Meniskus gegenüber dem lateralen erheblich (Brunnberg, 1989a).
Die Blutversorgung der Menisken erfolgt vor allem über die Äste der medialen und lateralen Kniearterien, die zunächst über die Gelenkkapsel und dann weiter bis in den peripheren Bereich der Menisken reichen. Da die Versorgung über Gefäße nicht ausreichend ist, müssen große Bereiche der Menisken über Nährstoffdiffusion aus der Gelenkflüssigkeit versorgt werden.
1.4 Gelenkkapsel
Die Gelenkkapsel besitzt einen zweischichtigen Aufbau, wobei das innere Stratum synoviale die Gelenkschmiere, die Synovia, produziert, wohingegen das äußere Stratum fibrosum zur Gelenksstabilität beiträgt (Braden, 1980; Brinker et al., 1997).
Die Gelenkhöhlen des Kniekehl- und Kniescheibengelenks kommunizieren untereinander und bilden die größte Gelenkhöhle des Körpers (Evans, 1993b; Robins, 1990). Die weite Gelenkkapsel der Art. femoropatellaris reicht bis unter die Endsehne des M. quadriceps femoris. Nicht ganz so geräumig ist die der Art. femorotibialis. Sie wird durch ein vom Corpus adiposum infrapatellare ausgehendes und zur Fossa intercondylaris ossis femoris ziehendes Lig. synoviale infrapatellare (Sommer et al., 1999) in einen lateralen und einen medialen Gelenksack unterteilt und umschließt sowohl die Sesambeine als auch die Kondylen vollständig. Außen i
st sie fest mit den Menisken verbunden und führt damit abaxial zu einer weiteren Unterteilung in einen proximalen femoro- und einen distalen tibiomeniskalen Anteil. Dadurch ist die freie Kommunikation nur axial möglich.
1.5 Blutversorgung des Kniegelenks
Die Hauptversorgung der Beckengliedmaßen erfolgt aus der A. iliaca externa. Sie wird nach ihrem Durchtritt durch die Lacuna vasorum zur A. femoralis und verläuft nun kranial der V. femoralis nach distal bis sie in der Fossa poplitea zur A. poplitea wird und direkt kaudal an die Kniegelenkskapsel tritt. Aus ihr entspringen die meisten Gefäßäste zur Versorgung des Kniegelenks, nämlich jeweils nach lateral und medial die Aa. genus proximales und distales und die A. genus media. Letztendlich setzt sich die A. poplitea als A. tibialis cranialis fort. Aus der A. femoralis nehmen die A. saphena und die A. genus descendens gemeinsam ihren Ursprung. Von der A. genus descendens gehen große Muskeläste zum M. quadriceps femoris ab, sie läuft weiter zwischen M. vastus medialis und M. semimembranosus, vom M. sartorius bedeckt, gibt Äste an benachbarte Kniegelenksmuskeln ab und bringt mit ihren Endästen Blut zu den medialen Bereichen von Kniescheiben-, Kniekehlgelenk und das Corpus adiposum infrapatellare (Wilkens und Münster, 1984). Die A. saphena gibt Äste zur medialen Oberschenkelmuskulatur ab sowie Hauptäste zum Knie und zum kranialen Unterschenkel (Wilkens und Münster, 1984).
Die venöse Entsorgung erfolgt über die analogen Venen. Die Fortsetzung nach distal der V. iliaca externa ist die V. femoralis. Sie zieht zur Kniekehle und geht dort in die V. poplitea über. Die V. genus descendens stammt ebenfalls aus der V. femoralis. Sie nimmt das Blut aus dem medialen Kniekehlgelenk, des Kniescheibengelenks und des Corpus adiposum infrapatellare auf (Wilkens und Münster, 1984).
1.6 Innervation des Kniegelenks
Die Innervation des Kniegelenks erfolgt über den N. tibialis und den N. saphenus (König et al., 2002).
Staszyk und Gasse (2002) wiesen neben den Rami articulares des N. saphenus und der Nn. tibialis und fibularis communis noch weitere lange Zweige der kniegelenksfernen Nn. femoralis und obturatorius sowie aus dem Periost und anliegender Muskulatur stammende Nervenfasern zur Innervation der Kniegelenkkapsel nach.
Eine besondere und aufwendige Innervation der Gelenkkapsel wird der komplizierten Bewegung des Kniegelenks gerecht zeigen konnten. Dabei handelt es sich um eine „mehrfache Innervation, individuell variabel, segmental, symmetrisch” (Staszyk und Gasse, 2002).
Der aus dem Lendenkreuzgeflecht (Plexus lumbosacralis) stammende N. femoralis innerviert den M. quadriceps femoris (König und Liebich, 2001) und gibt auf seinem Weg nach distal noch mehrere Muskeläste ab. Aus ihm kommt auch der N. saphenus. Dessen Hauptinnervationsgebiet ist die mediale Oberschenkelfläche. Allerdings innervieren auch einzelne seiner Äste mediale Anteile des Femoropatellarund Femorotibialgelenks. Der N. ischiadicus mit seinen beiden Endaufzweigungen dem N. tibialis und N. fibularis communis stellen die weitere Komponente der Innervation. Der N. tibialis innerviert den M. popliteus. Die Innervation des Lig. cruciatum craniale erfolgt ebenfalls über den N. tibalis (Arnoczky, 1983).
1.7 Muskulatur
Die Fascia profunda erscheint im Bereich der Hintergliedmaßen zunächst als Fascia lata, die laterale Oberschenkelfaszie, erstreckt sich weiterhin als Fascia femoralis medialis, die mediale Oberschenkelfaszie und weiter über das Knie als Fascia genus, wo sie sich lateral und medial an den Femurkondylen sowie an der Patella und der Endsehne des M. quadriceps festmacht. Am Unterschenkel findet sich die Fascia cruris.
Neben den speziellen Muskeln des Kniegelenks sind vor allem verschiedene Hüftgelenk- und Hinterbackenmuskeln an der Bewegung des Kniegelenks beteiligt.
Der stärkste Strecker des Knies und mitverantwortlich für den Vorwärtsschub in der Bewegung ist der M. quadriceps femoris. Er stellt die Hauptmasse der Muskeln an der Oberschenkelvorderseite (König und Liebich, 2001; Shahar und Milgram, 2001) und besteht aus vier Anteilen: dem an der Darmbeinsäule entspringenden zweigelenkigen M. rectus femoris sowie den Mm. vasti lat., med. und intermedius mit ihrem femoralen Ursprung. Er enthält die Patella als Sesambein in seiner Endsehne und setzt mit ihr an der Tuberositas tibiae als Lig. patellae an. Bei einer Quadrizepskontraktion drückt die Patella das Os femoris nach kaudal, das vordere Kreuzband wirkt der kranialen Tibiasubluxation entgegen (McLeod und Blackburn, 1980). Die Zugrichtung des M. quadriceps läuft nicht gerade zur Tuberositas tibiae, sondern wird auf der Höhe der Patella geringgradig nach lateral geleitet. Dadurch entsteht der Quadrizeps- oder kurz Q-Winkel, dessen Verlauf des proximalen Schenkels von der Zugrichtung des Muskels und der des distalen Schenkels vom Lig. patellae abhängig ist (Müller, 1985; Rütt, 1974). Beim gestreckten Knie entsteht so ein Winkel von etwa 15º, bei gebeugtem Knie ist er etwas kleiner (Müller, 1985). Kaiser et al. (1997) bestimmten mit Röntgentechnik den Q-Winkel beim gesunden Hund an der gestreckten Gliedmaße auf etwa 10º und konnten diesen Wert mit der Magnetresonanztomographie bestätigen. Bei Achsenfehlstellungen und Rotationsinstabilitäten vergrößert sich der Q-Winkel und damit die resultierende Kraft auf die Patella nach lateral.
Der M. popliteus ist mit seinem schrägen Verlauf kaudal in die Kniekehle ein Hilfsstrecker und Pronator.
Der M. biceps femoris ist mit seiner kranialen Portion Strecker von Hüft- und Kniegelenk, mit seiner kaudalen Portion dagegen beugt er das Knie.
Nur ein dünnes Muskelband und unbedeutend in der Wirkung ist der M. abductor cruris caudalis.
Der M. semitendinosus unterscheidet sich in seiner Wirkung je nach Beinstellung. So ist er ein Strecker der Hintergliedmaße im Stützbein, dagegen ein Kniegelenksbeuger im Hangbein.
Darin ähnelt ihm der M. semimembranosus, allerdings ist er im Hangbein ein Rückwärts-, Einwärtsführer und ein Pronator der Gliedmaße.
Der schmale M. sartorius ist durch sein Einstrahlen in die Knie- und Unterschenkelfaszie auch ein Kniegelenksstrecker; ähnliches gilt für den M. gracilis. Ohne spezielle Bedeutung für das Knie bleiben der M. pectineus und die Mm. adductores. Frewein (1994) und Schreiber (1947a) nennen zusätzlich den M. articularis genus. Er kommt bei 82% der Hunde vor (Schreiber, 1947a) und ist bei den meisten Hunden ein Spanner der Gelenkkapsel, der sich zwischen dem distalen Drittel des Femur und der Kapsel des Femoropatellargelenks ausspannt.
Der zu den Muskeln des Sprunggelenks gehörende M. gastrocnemius ist ein Strecker des Kniegelenks. In seinen beiden Ursprungssehnen ist jeweils ein Vesalisches Sesambein (Fabella) im Caput mediale und laterale (Robins, 1990) eingelagert. Die beiden Köpfe haben ihren Ursprung am Labium mediale und laterale ossis femoris. Die beiden Sesambeine sind in die Gelenkkapsel des Femorotibialgelenks mit eingeschlossen und artikulieren beidseits mit den jeweiligen Femurkondylen. Er inseriert als Tendo gastrocnemius (Achillessehne) am Tuber calcanei.
2. Knorpel und Knochen
2.1 Gelenkknorpel
2.1.1 Aufbau des Gelenkknorpels
Knorpel zählt zum Stützgewebe, hat einen mesenchymalen Ursprung und besteht histologisch gesehen aus Knorpelzellen, Fasern und Grundsubstanz. Die unreifen Chondroblasten bilden Kollagenfasern sowie die glykosaminoglykanreiche, stark wasserhaltige (speziesabhängig etwa 70-80% (Simon, 1971)) Interzellularsubstanz (Matrix). Sie differenzieren zu reifen Knorpelzellen, den Chondrozyten. Da das Knorpelgewebe in der Regel nerven- und gefäßlos ist, muss die Ernährung durch Diffusion aus der Synovialflüssigkeit oder selten durch die Blutgefäße des subchondralen Knochens erfolgen (Bennett, 1990). Die Kollagenfasern Typ 2 im hyalinen Gelenkknorpel ordnen sich auf Grund mechanischer Zug- und Druckbelastungen an. An der Oberfläche, die starken Dehnungskräften ausgesetzt ist und einen hohen Kollagengehalt aufweist, verlaufen die Fasern über eine gewisse Strecke parallel zur Oberfläche und bilden die Tangentialfaserschicht. Diese Faserarchitektur bewirkt eine gleichmäßige Verteilung einwirkender Kräfte auf der gesamten Knorpeloberfläche (Badoux, 1975; Hees, 2000; Liebich, 1999). Außer der größeren Zugfestigkeit wird durch den hohen Kollagenfaseranteil gleichzeitig eine Diffusionsbarriere aufgebaut, die den Knorpel vor Antikörpern schützt (Setton et al., 1992). An die oberflächliche Tangentialzone (Abb. 7) schließen sich die Übergangszone, deren Zellen Protein und Kollagen produzieren, die tiefere Radiärzone, in der die Chondrozyten säulenförmig parallel zur Kollagenfaserrichtung angeordnet sind und letztlich die mineralisierte Zone an (Bennett, 1990; Brinker et al., 1997; Guilak und Ratcliffe, 1995). In den tieferen Schichten nimmt der Proteoglykangehalt auf Kosten der Kollagene und des interstitiellen Wassergehalts zu (Mow und Ratcliffe, 1997). Die sich bildenden großen strahlenförmig verlaufenden Faserbündel ziehen weiter durch die Verkalkungszone und die Tidemark bis sie das Knorpelgewebe am Knochen verankern (Mow et al., 1984). Die Tidemark ist die durch ihren hohen Lipidgehalt basophile Trennlinie zwischen unverkalktem und kalzifizierten Knorpel (Bullough, 1981). In der untersten Schicht, der Verkalkungszone sind die Chondrozyten zu Grunde gegangen. Die Verkalkungszone hat die Aufgabe, den Knorpel auf der subchondralen Knochenplatte zu verankern (Hough et al., 1974). Die Verbindung zwischen dem mehrschichtigen Aufbau des Gelenkknorpels und dem Knochen erfolgt in einer Schicht aus verkalktem Knorpel, in der noch vitale Chondrozyten eingeschlossen sind. Zunächst tangential an der Oberfläche, dann in die Vertikale wechselnd reichen die kollagenen Fibrillen exakt bis zur Grenzfläche des subchondralen Knochens.
Abb. 7: Schematisierte Darstellung des Gelenkknorpels und der darunterliegenden
subchondralen Knochenplatte
2.1.2 Aufgaben des Gelenkknorpels
Zu den Aufgaben des Gelenkknorpels gehört zunächst die Bereitstellung einer nahezu reibungsfreien Gleitfläche. Außerdem soll er eine Dämpfungsfunktion und gleichmäßigere Verteilung der im Gelenk wirkenden Kräfte auf den darunterliegenden subchondralen Knochen gewährleisten. Messungen mit Hüftgelenksprothesen haben beim Menschen beim normalen Gehen Kräfte von ca. 300%, beim Laufen ca. 550% und in Extremsituationen bis zu 870% des Körpergewichts nachweisen können (Bergmann et al., 1993). Der Gelenkknorpel federt diese einwirkenden Kräfte mit ab und schützt den darunterliegenden starren Knochen und das folgende Skelettsegment. Die Proteoglykane, die die interfibrillären Räume im Knorpelgewebe auffüllen und durch Elektrostase oder Osmose einen Gewebeinnendruck aufbauen (Bonath und Prieur, 1998), ermöglichen dem Knorpel Druck- und Scherkräfte visko-elastisch abzufangen. Das dichte Fasergerüst erlaubt dem Gelenkknorpel den Scherkräften standzuhalten, die bei Gelenkbewegungen auftreten (Johnson, 1962). Bei Druck weichen die Fasern auseinander, die Knorpeldicke nimmt ab, lässt der Druck nach, kommt es durch die viskoelastischen Eigenschaften der Fasern wieder zur Ausgangsdicke. Mizraih et al. (1985) beschreiben eine Vergrößerung des horizontalen Knorpelquerschnittes unter Last. Glaser (1998) zeigte, dass sich die Kompression des Knorpels proportional zur aufgebrachten Last verhält und lieferte den Beweis, dass die Tangentialzone eine definierte Drucklast auf eine größere Knorpeloberfläche verteilt, also für eine gleichmäßige Kraftverteilung sorgt. Athanasiou et al. (1991) untersuchten fünf verschiedene Spezies (Mensch, Rind, Hund, Affe und Kaninchen) auf deren Knorpeldruckfestigkeit und konnten keine signifikanten Unterschiede feststellen. Der hohe Wassergehalt ermöglicht weiterhin die Ernährung der Knorpelzellen, die ohne zytoplasmatische Verbindungen sind, mittels Diffusion. Die Ernährung der Knorpelzellen erfolgt aus zwei Richtungen (Nixon, 1993). Während die Nährstoffverund -entsorgung der oberflächlichen Knorpelzellen über die Synovia erfolgt, werden tiefere Bereiche über Epiphysengefäße versorgt. Neben der Diffusion bewirken die Pumpbewegungen durch intermittierendes Be- und Entlasten sowie die strömende interzelluläre Flüssigkeit eine Knorpelversorgung. Die dynamische Belastung regt außerdem die Proteoglykan- und Kollagensynthese an (Eckstein et al., 2001). Dagegen kommt es bei statischer Belastung zu einer Stagnation des Stoffaustauschs, der Knorpel wird weicher und dünner (Jurvelin et al., 1986).
Eine Reparations- oder Regenerationsfähigkeit besitzt der Knorpel nur in sehr beschränktem Maß. Im erwachsenen, ausgewachsenen, gesunden Knorpel gibt es keine Zellteilung mehr (Bonath und Prieur, 1998). Böhringer et al. (1995) zeigten, dass die Knorpeldicke mit zunehmendem Alter abnimmt. Der Knorpel übernimmt beim jungen Tier eine Schutzfunktion für den unreifen, juvenilen Knochen (Firth und Hartmann, 1983).
2.2 Knochen und subchondrale Knochenplatte
Die als Epiphysen verbreiterten Knochenenden bewirken mit ihrer größeren Fläche eine bessere Verteilung der mechanischen Belastung im darüberliegenden Gelenkknorpel. Als zusätzliche Unterstützung bekommt das Knochenende dort eine dünne subchondrale Kortex mit Blättchen- und Bälkchenspongiosa auf den spongiösen Bereich mit senkrecht angeordneten Bälkchen aufgelagert. Unter dem subchondralen Knochen wird die direkt unter dem kalzifizierten Knorpel liegende knöcherne Lamelle mit einer Ausdehnung von 2-4 mm verstanden. Ihr schließen sich die Stütztrabekel und die subartikuläre Spongiosa an (Müller-Gerbl, 1991). Wolff (1892) schlussfolgerte aus der Entdeckung dieser Struktur, dass sich auch der Knochen an eine erhöhte Belastung anzupassen vermag und formulierte sein „Gesetz zur funktionellen Anpassung des Knochens”. Bonath und Prieur (1998), Radin et al. (1970) und Simon et al. (1972) sehen als die Hauptaufgabe des subchondralen Knochens die Dämpfung axialer Stöße und damit den Schutz des Gelenkknorpels. Die interfibrillären Räume des Knorpels sind mit Proteoglykanen gefüllt. Sie erzeugen durch Osmose und elektrostatische Effekte einen Gewebeinnendruck, der erlaubt Druck- und Scherkräfte elastisch abzufangen.
2.3 Subchondrale Knochendichte und Knorpeldicke
Pauwels (1960) postulierte in seiner Theorie der “kausalen Histiogenese” die Adaptionsfähigkeit biologischer Stützgewebe, auf funktionelle Beanspruchung mit Anpassungsmaßnahmen reagieren zu können. Anders als unbelebte Materialien können sie sich nicht nur unter Belastung passiv verbiegen, sondern durch Gewebeauf-, -um- oder -abbau aktiv darauf reagieren.
D
ie „Menge und die Verteilung des Knochengewebes” ist an die vorherrschenden Spannungsverhältnisse angepasst (Pauwels, 1955). Deshalb findet man in Bereichen hoher Belastung eine höhere Knochendichte bzw. eine dickere Substantia compacta, als weniger beanspruchten Zonen. Es wird immer der Grundsatz befolgt, mit möglichst wenig Material, die nötige Stabilität zu erreichen (Kummer, 1972; Nickel et al., 2001; Pauwels, 1965).
Parameter wie die subchondrale Knochendichte, Knorpeldicke und die Dickenverteilung der kalzifizierten Knorpelzone zeigen Übereinstimmungen in ihrer Verteilung innerhalb der Gelenkfläche und lassen Rückschlüsse auf Belastungszustände des Gelenkes zu (Müller-Gerbl, 1991). Die Verteilung der subchondralen Knochendichte lässt den Schluss zu, dass sie die Verteilung der Langzeitbelastung der Gelenkoberfläche darstellt. Der Umkehrschluss daraus besagt, dass aus der Verteilung der subchondralen Knochendichte auf die längerandauernde Belastung im Gelenk rückgeschlossen werden kann. Eckstein et al. (1999) zeigten, dass nicht nur Kompression, sondern auch Dehnungsspannung und Biegekräfte die funktionelle Anpassung des subchondralen Knochens in inkongruenten Gelenken mitbestimmen.
Sowohl die Dicke der subchondralen Knochenplatte als auch die Dichte variiert nicht nur innerhalb des Gelenkes sondern auch zwischen den Gelenken. Müller-Gerbl (1998) fand regionale Unterschiede im Mineralisierungsmuster mit höherer Knochendichte in stärker belasteten Bereichen.
Die Struktur des Knorpels passt sich ebensfalls an lokale Belastungen an. An Orten hoher Belastung steigt die Knorpeldicke, die Zellzahl verringert sich, die Zellgröße dagegen nimmt zu (Eggli et al., 1988). Kiviranta et al. (1988) fand bei einem moderaten Lauftraining mit jungen Hunden über 15 Wochen an der Patella und den Femurkondylen eine Knorpeldickenzunahme von etwa 20%. Dagegen konnte Mühlbauer (2002) keine signifikante Knorpeldickenzunahme bei Triathleten im Vergleich zu nicht körperlich aktiven Probanden feststellen. Allerdings fand er Hinweise, dass die Vergrößerung der Gelenkfläche als physiologische Reaktion auf eine erhöhte Belastung möglich wäre. Damit sei der Gelenkknorpel weniger ein elastisches Dämpfungssystem als vielmehr ein druckverteilendes. Bullough (1985) konnte außerdem zeigen, dass sowohl die Morphologie als auch die biochemische Knorpelzusammensetzung des Tibiaplateaus sich unterscheiden, je nachdem ob der Knorpel mit Meniskus bedeckt ist oder nicht. In den nicht von Menisken bedeckten Knorpelbereichen fanden sie sowohl einen erhöhten Wassergehalt als auch vermehrt Proteoglykane als in den vom Meniskus bedeckten Bezirken. Die von Menisken bedeckten Knorpelbereiche zeigten zudem eine glattere Oberfläche. Böhringer et al. (1995) fanden im humanen Tibiaplateau regelmäßig lateral eine signifikant größere Knorpeldicke als medial, sowie eine größere Dicke im zentralen Gelenkbereich als in der Peripherie. Zentrale Gelenkregionen zeigten zudem eine höhere Knochendichte als die Randregionen. Sie schlossen daraus, dass die Hauptbelastung im humanen Kniegelenk “durch das ventromediale Tibiaplateau zieht”.
Maquet et al. (1975) untersuchten die Spannungsverteilung im humanen Kniegelenk. Während im Normalfall medial und lateral ähnliche Spannungsverhältnisse zu finden sind, kommt es bei Achsenfehlstellungen zu deutlichen Änderungen (Abb. 8).
Abb. 8: Spannungsdiagramme im humanen Tibiaplateau bei
(a) Normalpersonen, (b) Genu varum, (c) Genu valgum (Maquet et al., 1975)
Die von Müller-Gerbl (1991) gefundenen Mineralisierungsmuster konnten diese Verhältnisse bestätigen. Sie fand im Genu valgum eine stark erhöhte Mineralisation im lateralen und analog eine reduzierte im medialen Kondylus. Im Genu varum finden sich gegensätzliche Verhältnisse.
Jurvelin et al. (1986) beschrieben, dass Immobilisation eines Gelenkes zur Erweichung des Knorpels und Verringerung der Knorpeldicke führt.
Eckstein et al. (1992) fanden in der querovalen humanen Patella das Knochendichtemaximum im lateroproximalen Teil, wohingegen die Knorpeldicke im Zentrum der Patella ihr Maximum zeigte. Nur in einzelnen Gelenken fanden sie eine übereinstimmende Position der beiden Parametermaxima.
Auch an der subchondralen Knochenplatte konnte von verschiedenen Autoren gezeigt werden, dass ihre Dicke von Faktoren wie der Art und Stärke der Belastung, der Belastungsrichtung, der Gelenkskongruenz und dem Gelenktyp beeinflusst wird (Eckstein et al., 1995; Milz und Putz, 1994, 1997; Müller-Gerbl et al., 1990). Carter (1987) prägte den Ausdruck der “loading history”. Er zeigte, dass die Knochendichte auf die verschiedenartigen Belastungen zu reagieren vermag. Carter (1984) konnte eine Abnahme der Knochendichte bei reduzierter Aktivität um 66% bis zu einer Steigerung der Knochendichte bei Athleten um 17% aufzeigen. Murray et al. (2001) zeigten, dass sowohl fehlende Belastung als auch Überbeanspruchung bei exzessivem Training zu einer verminderten Knochendicke führen kann. Milz und Putz (1994) fanden am humanen Tibiaplateau im peripheren Randbereich eine dünnere subchondrale Knochenplatte, dagegen ein Dickenmaximum im Zentrum der Gelenkfläche. Sie verglichen diese Ergebnisse mit Theorien anderer Autoren (Ahmed und Burke, 1983; Fukubayashi und Kurosawa, 1983; Spilker et al., 1992) über die im Gelenk herrschenden Belastungszustände. Diese stellen ein Modell dar, nachdem 50-60% der Belastung des Tibiaplateaus direkt durch die Menisken erfolgt und dabei vorwiegend in den zentralen Bereichen der Gelenkfläche. Dies unterstützt die Annahme, dass die Morphologie der subchondralen Knochenplatte durch ihre Funktion bestimmt ist.
Außerdem stellte er fest, dass Training die Dicke der subchondralen Knochenplatte an der Belastungsseite erhöht, die Knochenhärte dabei aber unbeeinflusst bleibt. Sie variiert aber je nach Lokalisation im Gelenk.
Es wurden regelmäßig im konkaven Gelenkpartner eine dickere subchondrale Knochenplatte als im konvexen Anteil gefunden (Dewire und Simkin, 1996; Simkin et al., 1980; Simkin, 1991). Eckstein (1997) zeigte zwar den engen Zusammenhang zwischen den drei Größen subchondrale Knochendichte, Gelenkkongruenz und Belastungsmuster auf und dass bei zwei bekannten Parametern auf den dritten geschlossen werden kann, wies allerdings gemeinsam mit Jacobs (1997) darauf hin, dass zumindest bei inkongruenten Gelenken die subchondrale Dichte nicht direkt als Maß für die Gelenkflächenbelastung gesehen werden darf, sondern die Gelenkgeometrie dabei eine dominierende Rolle spielt. Eisenhart-Rothe et al. (1997) fügen hinzu, dass nicht nur die Druckkräfte in den Kontaktflächen, sondern auch Dehnungsspannungen in kontaktfreien Arealen die subchondrale Dichte mit beeinflussen.
3. Biomechanik der Hintergliedmaße – im Besonderen des Kniegelenks
3.1 Ganganalyse
Die Fortbewegung bei quadrupeden Tieren setzt ein komplexes Zusammenwirken von Knochen und Muskulatur, sowie die Kontrolle durch das Nervensystem voraus.
Das Hüftgelenk hat an der Gesamtbewegung der Hintergliedmaße den größten Anteil. Nur wenig Bewegung kommt bis zum Ende der Stützbeinphase aus dem Kniegelenk (Vasseur, 1993b). Kurz nach der maximalen Hüftflexion und kurz vor der maximalen Kniegelenksstreckung kommt es zum Bodenkontakt. In der anschließenden Stützbeinphase sind Knie- und Sprunggelenk gebeugt, das Hüftgelenk streckt sich dabei (Abb. 9) (DeCamp et al., 1993; Hottinger et al., 1996). Die Streckung des Gelenks ist mit der Belastungsphase gleichzusetzen, in ihr dominiert die Rollbewegung (Pettit et al., 1980). Dann strecken sich alle drei Gelenke, der Rumpf wird nach vorne geschoben; bei maximaler Streckung erfolgt das Abheben der Gliedmaße (Off und Matis, 1997b). In der Vorführphase, also ohne große Belastung der Gliedmaße, erfolgen Gleitbewegung und Rotation (Pettit et al., 1980). Tokuriki (1973a, 1973b, 1974) fand in seinen Untersuchungen, dass der M. vastus med. und lat. in Schritt und Trab eine hohe Aktivität während der Standbeinphase der Hintergliedmaße zeigen und nennt die nötige Stabilisierung des Kniegelenks als Ursache dafür. Der M. rectus femoris gilt im Galopp als Antriebsmotor, während M. vastus med. und lat. weiterhin für die Kniegelenksstabilität zuständig sind.
Abb. 9: Ganganalysenkurve des Kniegelenks (nach Hottinger et al., 1996)
Der Größenunterschied des Gelenkwinkels, der während der Bewegung im Kniegelenk auftreten kann, nimmt vom Schritt über Trab bis zum Galopp hin zu.
3.2 Bewegung im Kniegelenk
Wie bereits oben erwähnt besitzt das Kniegelenk Bewegungsfähigkeit in zwei Ebenen. Beugung und Streckung – in der Sagittalebene – dominieren während der gewichttragenden Stützbeinphase. Rotation zwischen Tibia und Femur findet in der Horizontalebene statt und tritt vorwiegend während der Hangbeinphase auf (Robins, 1990). Die Außenrotation ist sowohl in Beugung als auch in Streckung auf nur wenige Grad begrenzt. In Streckung ist auch die Innenrotation nur in geringem Umfang möglich, wohingegen in Beugung eine Rotation nach medial von Robins (1990) auf 20-45° beziffert wird.
Abb. 10: Dynamische Stabilität am Kniegelenk (McLeod und Blackburn, 1980).
3.3 Gelenkreaktionskraft
Die vertikalen Bodenreaktionskräfte nehmen mit der Geschwindigkeit und der daraus folgend steigenden kinetischen Energie zu. Schon im langsamen Schritt erreicht sie Werte von 120%, im Trab sogar 200% der Körpermasse (Leach, 1989; Off und Matis, 1997b). Die vertikalen Bodenreaktionskräfte (FZ) setzen sich aus den drei Komponenten Körpergewicht, vertikale Gliedmaßenbeschleunigung und das Abstoßen der Beine zusammen (Unkel-Mohrmann, 1999). Sie stellen den größten Anteil aller Bodenreaktionskräfte dar und werden auf 83%, die mediolateralen (FX) mit unter 4%, die horizontalen Brems- und Schubkräfte (FY) auf höchstens 13% der gesamten Bodenreaktionskräfte beziffert (Off und Matis, 1997a, b). Bei Hunden wurden im langsamen Schritt eine Belastung der Vordergliedmaßen mit je 30%, die Hintergliedmaßen mit jeweils 20% gemessen, je nach Rasse und Körperbau können diese Werte aber noch stärker divergieren (Hulse und Hyman, 1993; Larché, 1962; Off und Matis, 1997b). Es lassen sich auch physiologische Asymmetrien zwischen jeweils den beiden Vorder- und Hintergliedmaßen um 6% bzw. 3% nachweisen (Budsberg et al., 1993).
FX, mit horizontaler mediolateraler Richtung, entsteht beim Auffußen der Gliedmaße durch Rotationsbewegung des Körpers (Unkel-Mohrmann, 1999). FX und FY unterliegen einer großen Schwankungsbreite (Dueland et al., 1977).
Die physiologischen Kräfte, die auf die Knochen wirken entstehen einmal aus dem Gewichttragen, zum anderen durch Muskelkontraktion und Bewegungsaktivität. Die entstehenden Kräfte werden über die Gelenkfläche und Muskelkontraktionen auf den Knochen übertragen. Sie sind einachsig, nämlich Zug oder Druck und erscheinen als Dreh- oder Biegemomente. Doch nicht die Kraft alleine, sondern auch die Zeit in der die Kraft wirkt, ist für ihre Wirkung von Bedeutung.
Abb. 11: Bodenreaktionskräfte beim Hund. Fz = Vertikalkräfte,
Fy = Horizontalkräfte, Fx = Mediolateralkräfte (Budsberg et al., 1987).
Um die beim Gewichttragen auftretenden Kräfte abzufangen, entstehen in der Gliedmaße Kompression im Achsenverlauf, Biege- und Drehmomente. Muskelkontraktionen fangen diese wiederum ab. Die Summe aller Kräfte wird über die Gelenkfläche auf den Knochen übertragen und verursacht in ihm Druck und Zug, Biegung und Drehung. Wirkt die Kraft wie im Os femoris exzentrisch auf den Knochen, treten sowohl Druck- als auch Zugkräfte auf, während bei konzentrischer Krafteinwirkung nur Druck entsteht. Auch der Achsenverlauf des Knochens selber zieht unterschiedliche Auswirkung nach sich. In langen Röhrenknochen mit physiologisch gebogenem Schaft, treten vermehrt Biegekräfte auf. So konnte bei der Auswertung von Ganganalysen gezeigt werden, dass in den meisten Knochen Biegekräfte dominieren (Hulse und Hyman, 1993).
4. Spaltlinien
Nachdem Langer 1863 die allerersten derartigen Untersuchungen an der Haut durchgeführt hatte, entdeckte Hultkrantz (1898) beim Anstechen der Knorpeloberfläche mit einer Nadel die Bildung von Spaltlinien und damit die fibröse Natur des Knorpels. Er schlussfolgerte daraus, dass die Spaltlinien die Faserausrichtung in der oberflächlichen Knorpelschicht darstellten und diese Fasern sich auf ihre funktionelle Belastung anpassten (Roth et al., 1979). Hultkrantz (1898) war der Meinung, dass die Anordnung der Fasern dabei vor allem durch Druck und Reibung an den Gelenkflächen bestimmt würde und damit als Ausdruck der funktionellen Struktur zu sehen sei. Bis heute wurde mehrfach gezeigt, dass die Dehnungsrichtung des Knorpels mit der Verlaufssrichtung der Knorpelspaltlinien übereinstimmt (Bullough und Goodfellow, 1968; Konermann, 1971b-b; Meachim et al., 1974; Molzberger, 1973; Tillmann, 1978).
Auf Grundlage dieser Überlegungen wurden bis heute viele weiterführende Untersuchungen durchgeführt. Die Theorie der kausalen Histiogenese von Pauwels (1960) und Kummer (1962) besagt, dass die Differenzierung, Wachstum und die funktionelle Anpassung der Binde- und Stützgewebe durch die einwirkenden mechanischen Anforderungen beeinflusst wird. Dies gab die Möglichkeit nicht nur wie bei der Untersuchung der subchondralen Knochendichte die Druck-, sondern auch die, vor allem in physiologisch inkongruenten Gelenken auftretenden Zugkräfte, darzustellen. Pauwels (1959) schloss aus seinen Untersuchungen an der Tangentialfaserschicht des Gelenkknorpels der Cavitas glenoidalis, dass es sich beim Knorpel der Gelenkspfanne um ein „verkörpertes Spannungsfeld” handelt. Konermann (1971a-b) konnte ebenso wie Molzberger (1973) anhand anderer Gelenke diese Ergebnisse bestätigen.
Schreiber (1947b) schildert den Faserverlauf in den Menisken als bogenförmig und mit parallelem Verlauf zu den Außenrändern. Er beschreibt, dass dies schon makroskopisch erkennbar sei, bei Meniskuseinrissen parallel zum Außenrand verdeutlicht und bei der Darstellung der Spaltlinien bestätigt werde. Er nennt es „bemerkensw
ert, dass die Spaltlinien nicht radiär wie in den Gelenkknorpeln, sondern hier zirkulär angeordnet sind.” In neueren elektronenmikroskopischen Untersuchungen wurde von Petersen und Tillmann (1998) am Meniskus eine Übereinstimmung des Spaltlinienverlaufs mit den Kollagenfibrillen nachgewiesen.
Für alle Spaltlinienverlaufsrichtungen ist aber zu beachten, dass es sich hierbei nicht direkt um den Verlauf der kollagenen Fasern handelt, sondern nur deren dominierende Vorzugsrichtung dargestellt werden (Clarke, 1971; O´Connor et al., 1980). Die Kollagenfasern sind jedoch nicht exakt parallel, sondern scherengitterartig angeordnet, so dass die Spaltlinien als resultierende Vektoren in Längsrichtung der rautenförmigen Maschen zu sehen sind die Überkreuzungswinkel der Fasern können dabei nicht exakt nachvollzogen werden (Ortmann, 1975).
4.1 Knorpelspaltlinien
Die dreidimensionale Struktur der Kollagenfasern in der Tangentialschicht bewirkt das Spaltlinienmuster. Beim Einstich durch die Knorpeloberfläche mit den horizontal angeordneten Kollagenfasern ergeben sich in der Aufsicht ellipsenförmige Spalten; in der Tiefe geht der Stichkanal zwischen den senkrecht ausgerichteten Fasern weiter (Jeffrey et al., 1991). Abhängig vom Anschnitt (senkrecht oder parallel) ergeben sich schmale oder keilförmige Spalten. Kommt es zu einer Änderung der mechanischen Beanspruchung des Gelenkknorpels, folgt eine Anpassung der Spaltlinienrichtung daraus (Costa und Madeira, 1982; Madeira et al., 1977; Teixeira et al., 1989).
Kempson et al. (1968) stellten bei Belastungsversuchen am Gelenkknorpel fest, dass die Festigkeit des Knorpels zwei bis dreimal höher ist, wenn die Belastungsrichtung parallel zu den Spaltlinien ist, als bei einer Belastung senkrecht dazu. Roth (1980) erhielten analoge Ergebnisse bei der Untersuchung der Zugfestigkeit. Auch die Elastizität des Gelenkknorpels variiert je nach Belastungsrichtung. Bei der Belastung des Knorpels war die momentanen Veränderungen des Durchmessers immer größer, wenn das Gelenk senkrecht belastet wurde als bei einer tangential zur Gelenkfläche verlaufenden Krafteinwirkung (Mizraih et al., 1985). Jeffrey et al. (1991) konnte letztendlich mit der Elektronenmikroskopie die dreidimensionale Struktur des Kollagenfasergerüstes des Gelenkknorpels, die die Spaltlinienmuster bestimmt, darstellen. Die Kollagenfasern liegen in der intermediären und oberflächlichen Zone, während sie in der tiefen Schicht fehlen. Zur Oberfläche wölbten sich die vertikal aus der intermediären Schicht kommenden Fasern, bis zu einem horizontalen, zur Gelenkoberfläche parallelen Verlauf.
Hehne et al. (1981) fanden übereinstimmend an Femurkondylen und Tibiaplateau in den zentralen, meniskusfreien Bezirken konzentrisch angeordnete Spaltlinien als einen Ausdruck erhöhter Druckbelastung, wohingegen die mit Meniskus bedeckten peripheren Areale eine regelmäßige Divergenz aufzeigten, aus der eine verringerte Druckbelastung geschlossen werden kann (Abb. 12). Bei ihren Untersuchungen zur Verteilung der Chondromalazie wurden diese Ergebnisse mit einer signifikant gesteigerten Schädigung im meniskusfreien Bereich im Vergleich zu den meniskusbedeckten Bezirken bestätigt.
Abb. 12: Skizze des Spaltlinienverlaufs am humanen Tibiaplateau. Attraktive
singuläre Punkte in den zentralen Belastungsbezirken (Hehne et al., 1981a).
4.2 Knochenspaltlinien
Katayama (1887) war der erste, der Spaltlinien an knöchernen Strukturen beschrieb. Benninghoff (1925) führte dies weiter, indem er am entkalkten kompakten Knochen feststellte, dass die Spaltlinien in der Ausrichtung der Osteone und Spannungstrajektorien (Hauptspannungsrichtungen) verliefen und schlussfolgerte, dass sie die im Knochen auftretenden Hauptspannungen aufzeigten.
Bei einem längs eröffneten Knochen kann die Ausrichtung der Spongiosabälkchen direkt besichtigt werden. Kummer (1985) beschrieb die Substantia spongiosa als Säulenstruktur, deren runde Strukturen sich unter Last zu Ellipsen verformen können und deren Achsen dann in den Hauptspannungsrichtungen verlaufen, wobei die kurzen Achsen der Druckseite, die langen Achsen der Zugseite entsprechen. Mit der Spaltlinienmethode kann am entkalkten Knochen durch Einstechen einer in Tinte getauchten Nadel in die Kompakta des Knochens, die an die Belastung angepassten Knochenarchitektur gezeigt werden. An der Einstichstelle entsteht ein schwarz gefärbter Spalt (Leonhardt, 1974). Dies gilt auch in gleicher Weise für den subchondralen Knochen (Vogt et al., 1999).
Durch Änderungen mechanischer Situationen wie beispielsweise eine Resektion oder Transposition eines Muskels (Madeira et al., 1977; Teixeira et al., 1989) sind deutliche Änderungen der Vorzugsrichtungen der Spaltlinien erkennbar. Also kann auch das adulte Gewebe auf veränderte biomechanische Ansprüche reagieren. Allerdings zeigte Carter (1984), dass unreifer Knochen wesentlich stärker auf mechanische Einflüsse reagieren kann, als reifer.
Bei Untersuchungen am subchondralen Knochen am humanen Hüft- und Schultergelenk (Vogt et al., 1999) und Hand- und Fußgelenken (Dietmair et al., 1999) ergab sich, dass nicht nur die Form des Gelenks (konvex-konkav), sondern auch die knöcherne Abstützung berücksichtigt werden muss, da sich diese auf die potentielle Vorzugsrichtung der Fasern auswirken kann. Im konkaven Gelenkanteil, in dem unter Belastung große physiologische Zugspannungen wirken können, finden sich reproduzierbare Muster in der konkaven Knochenplatte (Dewire und Simkin, 1996). Die Zugspannungen können durch parallel ausgerichtete Kollagenfasern abgefangen werden. Schön (2000) untersuchte die Spaltlinienmuster der subchondralen Platte am humanen Ellbogen- und Kniegelenk. Auch sie konnte an der konvexen Gelenkfläche, im Gegensatz zur konkaven, keine Vorzugsrichtung nachweisen. Weiterhin fand sie keine Übereinstimmung in der Spaltlinienausrichtung im Vergleich zwischen Knorpel und darunter liegendem Knochen. Dies begründen Vogt et al. (1999) durch die höheren Dehnungs- und Verformungskräfte im Gelenkknorpel im Vergleich zum subchondralen Knochen auftreten.
5. Grundlagen der Computertomographie
Nach der sensationellen Entdeckung der X-Strahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen am 8.11.1895 und 1901 den Erhalt des ersten Nobelpreis für Physik, entwickelten G.N. Hounsfield und A.N. Cormack 1971 den Computertomographen und erhielten dafür denselben Preis im Fach Medizin im Jahr 1979 (Hübener, 1985; Korbmann, 1979).
Die Computertomographie (CT) setzt zum Erstellen von Tomogrammen, also Schichtbildaufnahmen, Röntgenstrahlen ein. Damit ist es möglich, Schnittbilder definierter Anzahl und Lokalisation als Schwächungsbilder bzw. Dichtebilder darzustellen (Hounsfield, 1973). Die Grundlage dafür lieferte der Mathematiker J. Radon schon 1917, als er bewies, dass ein Objekt aus vielen Projektionen zurückgerechnet werden kann (Brooks und Di Chiro, 1975; Mayrhofer, 1995). Die in der sogenannten Gantry befindliche Röntgenröhre kreist mit den ihr exakt gegenüberliegenden Detektoren in einem Drehkranz um den entsprechend gelagerten Patienten (Ambrose, 1973). Bei den Detektoren handelt es sich um Ionisationskammern, die die durch Absorption und Streuung geschwächte ankommende Strahlung in elektrische Signale umwandeln (Mayrhofer et al., 1995).
Die Weiterentwicklung der Technik zum Spiral-CT mit kontinuierlich rotierendem Aufnahmesystem und kontinuierlicher Strahlung bei gleichmäßigem Tischvorschub ermöglicht eine durchgehende Messung des gesamten Körperabschnitts (Laubenberger und Laubenberger, 1999). Aus diesem Datensatz lassen sich von jedem beliebigen Punkt Schnittbilder berechnen.
Zur Rekonstruktion wird das Schnittbild in eine Matrix aus Quadraten, einzelnen errechneten Bildpunkten (= Pixel, Picture Element) gerastert (Wegener, 1996). Die dazugehörige Schichtdicke, nämlich die Breite des gebündelten Röntgenstrahls, ergibt ein räumliches Bildelement, ein Volumenelement (= Voxel).
Voxel = Pixel x Schichtdicke
Das Pixelspacing [mm/Pixel] bestimmt die Auflösung des Schnittbildes. Je kleiner der zu untersuchenden Bereich mit Hilfe der Zoomfunktion gewählt wird, umso besser ist die Auflösung des Bildes. Dies liegt daran. dass ein kleinerer Bildausschnitt durch die konstante Matrix von 512 x 512 Bildpunkten besser dargestellt wird (Wiesen und Miraldi, 1994).
Die Aufnahmespannung liegt im Bereich von 120-150 keV, da hier eine nahezu lineare Beziehung zwischen Schwächungswert und physikalischer Dichte vorliegt (Abb. 13).
Abb. 13: Absorptionscharakteristika für verschiedene Gewebe als Funktion der Energie
der Photonenstrahlung (Kauffmann et al., 2001).
Die Einheit der gemessenen Schwächungswerte ist die Hounsfield-Einheit (HE). Als Referenzwert gilt Wasser mit einer willkürlich zugeordneten Größe von 0 HE.
Luft wurde der relative Schwächungskoeffizient von -1000 HE zugeordnet, die Knochenkompakta erreicht Werte von bis zu 3000 HE, die Gesamtskala reicht bis fast 4000 HE. Die durchschnittlichen Schwächungswerte liegen bei etwa 400 HE für Knochen, 40-60 HE für Muskulatur und etwa -10 HE für Fettgewebe (Laubenberger und Laubenberger, 1999). Diesen Schwächungskoeffizienten werden zwischen 10 und 20 Graustufen – das ist die Zahl der Stufen, die vom menschlichen Auge unterschieden werden können – zugeordnet. Aus der Schwächungsskala werden in Fenstern (Windows) zusammenhängende Teilbereiche ausgewählt und den Graustufen zugeordnet. Mit der Fensterbreite kann der darzustellende Schwächungsbereich frei ausgewählt werden. Werte oberhalb des gewählten Fensters werden weiß abgebildet, darunterliegende Werte schwarz (Wortmann, 1986). Die Fensterlage (Center) legt die Position der Fenster fest.
5.1 Artefakte
Artefakte, also Bildverfälschungen können sowohl im Aufnahmesystem als auch im Patienten begründet sein.
– Schwächungssprungartefakte: Sie entstehen durch extreme Absorptionsunterschiede, zum Beispiel am Übergang Luft-Knochen oder Weichteil- Knochen und an Metallprothesen. An der Grenzlinie kommt es zu Unschärfen.
– Ringartefakte: Treten an modernen Computertomographen nicht mehr auf und waren Folge nicht abgeglichener unterschiedlich empfindlicher Detektoren (Laubenberger und Laubenberger, 1999).
– Bewegungsartefakte: Die Bewegungsunschärfe entsteht durch Organbewegung oder Unruhe des Patienten.
5.2 Computertomographie-Osteoabsorptiometrie (CT-OAM)
Die Computertomographische Osteoabsorptiometrie (CT-OAM) wurde von Müller- Gerbl (1991) entwickelt, um die Verteilung der subchondrale Knochendichte messen zu können. Der große Vorteil dieser neuartigen Methode ist, dass sie nicht nur am anatomischen Modell, sondern auch am lebenden Patienten durchgeführt werden kann.
Bei früheren Methoden der Knochendichtebestimmung kamen bei der densitometrischen Materialbestimmung die unterschiedliche Schwärzung des Röntgenfilms im Vergleich mit einem Aluminiumtreppenkeil und die Verwendung spezieller Äquidensitenfilme (Agfacontour) (Konermann, 1971a) und dessen Weiterführung durch rechnergestützte Auswertung (Schleicher et al., 1980) zum Einsatz.
Mit der CT-OAM wurde die Untersuchung der subchondralen Knochendichte in vivo möglich. Bei der Auswertung der CT-Schnitte wird die Knochendichte in jedem einzelnen Schnittbild in einer bestimmten Tiefe gemessen und anschließend der höchste Wert an die Oberfläche des 3D-Knochen-Modells projiziert. Die Hounsfield- Einheiten werden Falschfarben zugeordnet und die Dichteverteilungsunterschiede der subchondralen Knochenplatte in Gelenkflächendichtekarten dargestellt. Die Ergebnisse der CT-OAM konnte sie durch die etablierte Methode der Röntgendensitometrie validieren. Bei den Ergebnissen dieser Untersuchungen handelt es sich nicht um Absolutwerte, es werden nur relative Dichteverteilungsunterschiede in der subchondralen Knochenplatte verdeutlicht. Mit der Methode kann nur der kompakte subchondrale Knochen unter der Gelenkfläche, aber keine Spongiosa untersucht werden (Müller-Gerbl, 1991).
Um die Fehlerquelle des Partialvolumeneffekts möglichst gering zu halten, muss die Schnittdicke möglichst gering gewählt (1mm) und die Gelenkfläche senkrecht von den Röntgenstrahlen getroffen werden.
Mit der nicht-invasiven Methode der CT-OAM bietet sich die Möglichkeit, am lebenden Patienten Gelenkschäden früh zu erkennen und die Planung und Verlaufskontrolle von Umstellungsosteotomien mit veränderter Biomechanik im Gelenk begleitend zu untersuchen. Damit ist die kritische Beurteilung des Verfahrens oder, wie im vorliegenden Fall, Grundlagenforschung möglich (Körbel, 2000).
6.1 Computertomographische Torsionsmessung an Femur und Tibia
Da Drehfehler an Femur und Tibia im Zusammenhang mit diversen Arthropathien, wie beispielsweise der Luxatio patellae des Hundes (Putnam, 1968) diskutiert werden, gab die von Löer (1998) entwickelte computertomographische Torsionsmessung von Femur und Tibia eine neue Möglichkeit der Untersuchung der physiologischen Zustände der Hintergliedmaße. Er ermöglicht als erster die Bestimmung der Torsionswinkel im Os femoris in vivo. Unter dem Torsionsbegriff wird im Bezug auf die langen Röhrenknochen eine Verdrehung um die Längsachse verstanden (Weber, 1977). Hierbei ist im Gegensatz zur Rotation kein Gelenk beteiligt, die Betrachtungsweise ist immer in proximodistaler Richtung (Kummer, 1961). Der Rotationswinkel kann dementsprechend bei der Bewegung ständig eine andere Größe annehmen, der Torsionswinkel ist physiologisch nur durch Wachstumsprozesse veränderlich, danach bleibt er unverändert. Nach allgemeiner Übereinkunft werden Außentorsionen ein positives, Innenrotationen ein negatives Vorzeichen den Gradangaben zugeordnet (Löer, 1998).
Bei der Betrachtung des Os femoris ist die Kopf-Hals-Achse gegenüber dem Schaft nach kranial verdreht. Diese Winkelneigung nach vorne wird als Anteversions- oder Antetorsionswinkel (ATW) bezeichnet (Magilligan, 1956).
Die Achsen am Os femoris werden von Löer (1998) wie folgt definiert: Femurhalsachse (FHA) ist die Verbindungslinie vom Femurkopfmittelpunkt zum Halsbasismittelpunkt.
Kondylenachse (CA) ist die Tangente an der Kondylenhinterfläche.
Ythier (1986) untersuchte die Tibiatorsion an verschiedenen Hunderassen, unterschiedlichen Alters und beiderlei Geschlechts und erhielt dabei einen durchschnittlichen Torsionswinkel von +15º (±3) ohne große Abweichungen.
Die Kippung der Kopf-Hals-Achse weg vom Schaft nach medial wird als Zentrum- Collum-Diaphysenwinkel (CCD) beschrieben.
6.2 Computertomographische Messung der femorotibialen Rotation
Der femorotibiale Rotationswinkel (FTR) beschreibt das Verhältnis zwischen Stylound Zeugopodium und können im Rahmen der CT-Torsionsmessung mituntersucht werden. Zur Ermittlung des FTR werden die beiden Bezugsachsen von distaler Femur- und proximaler Tibiaepiphyse zueinander in Beziehung gebracht.
Kommt es zu einer stärkeren Außenrotation der Tibia zum Femur, folgt daraus eine größere seitwärts wirkende Kraft, die über das Lig. patellae auf die Patella einwirkt. Dabei wird der Q-Winkel größer. Bei der klinischen Untersuchung von Patienten mit einer Luxatio patellae entsteht der Eindruck, dass die Tuberositas tibiae vermehrt lateral positioniert vorliegt (Müller, 1985). Mögliche Ursachen dieser Lateralisierung wären eine Valgusfehlstellung, eine vermehrte Außenrotation oder eine tatsächliche Lateralverschiebung der Tuberositas (Janssen, 1978; Jend, 1986).
Zusammenfassend können also im Rahmen der Torsions- und Rotationsfehlstellungen die Femurtorsion, Tibiatorsion, Kniegelenksrotation und die Position der Tuberositas tibiae als prädisponierende Faktoren der Patellaluxation angesehen werden (Löer, 1998).
7. Kontaktflächen im Kniegelenk
Um die Belastung des Knorpels und der darunter liegenden Knochenschichten beurteilen zu können, ist die Bestimmung der Kontaktflächen, deren Größe und Topographie, sowie die lokale Krafteinwirkung auf den Knorpel eine Grundvoraussetzung (Preston et al., 2000). Je ähnlicher die Geometrie der beiden Gelenkpartner ist, umso höher ist der prozentuale Anteil der Kontaktflächen an der gesamten überknorpelten Gelenkfläche (Simon et al., 1973).
Zur Bestimmung der Kontaktfläche der Gelenkanteile stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung.
Neben dem Versuch von Nobuhara et al. (1983), die am Schultergelenk mit in den Humeruskopf implantierten Nägeln und einer mit Kupferfolie ausgelegten Schultergelenkspfanne die Kontaktstellen darstellen wollten, entwickelten andere Methoden, bei denen unterschiedliche Materialien wie Wachs (Goel und Singh, 1982) oder Silikon (White et al., 1982) in den Gelenkspalt eingebracht wurden. Stormont et al. (1985) verglichen drei verschieden Methoden (Film, Farbe, Casting) miteinander. Während der Film aus geometrischen Gründen keine zufriedenstellenden Ergebnisse brachte, unterschätzte die Farbtechnik die Kontaktflächen, da die Farbe nicht in alle Gelenkbereiche eindringen konnte und hydrophobes Fett- und Kapselgewebe den Eintritt der Chemikalien verhinderten. Die Abdrucktechnik mit Silikon brachte ihnen die besten Ergebnisse. Allerdings ist das Problem daran, dass nie das gesamte Material aus dem Kontaktbereich gepresst werden kann, wodurch es zu einer Unterschätzung der Kontaktfläche kommt (Athesian et al., 1994a).
Der Nachteil, der bisher beschriebenen Methoden ist, dass sie keine Aussage über die quantitativen Druckwerte machen (Stormont et al., 1985). Drucksensible Filme (Fuji Prescale Pressure Measuring Film) schließen diese Lücke. Sie werden aus zwei beschichteten Polyethylenblättern zusammengesetzt, wobei das eine einen mikroverkapselten Farbstoff, das andere den dazugehörigen Entwickler trägt. In den Gelenkspalt eingelegt, wird proportional zum Druck Farbstoff ausgepresst (Pereira et al., 1996). Die Menge kann anschließend mit einem Densiometer (Fukubayashi und Kurosawa, 1983) oder mit dafür entwickelten Computerprogrammen (Pereira et al., 1996) bestimmt werden. Damit kann auch die Kraftverteilung innerhalb der Kontaktflächen beurteilt werden (Kazuki et al., 1990). Auch bei dieser Methode wird die Kontaktfläche – ganz besonders unter niedrigen Belastungskräften – unterschätzt (Athesian et al., 1994a; Stormont et al., 1985). Eine Aussage über Scher- oder Reibkräfte ist auch bei dieser Methode nicht möglich (Wang et al., 1994).
Nachteil aller genannten Methoden ist, dass sie nur im Modell, nicht aber in vivo unter physiologischer Belastung durchgeführt werden können. Versuche von sogenannten in vivo Messungen der Kontaktfläche von Ronsky et al. (1995) und Scherer et al. (1979) ergaben nur geringgradig physiologischere Untersuchungszustände und zogen immer eine Euthanasie der Versuchstiere nach sich.
Bei der von Soslowsky et al. (1992) weiterentwickelten Methode der Stereophotogrammetrie wird ein intaktes Gelenk in einen Kalibrierrahmen gespannt und die natürlichen Bewegungsabschnitte schrittweise simuliert. In jeder Stellung wird die mit optischen Bezugspunkten markierte Gliedmaße fotografiert, anschließend das Gelenk exartikuliert. Ein über die Gelenkflächen projiziertes Gitter ermöglicht die digitale Rekonstruktion mit dem Computer somit kann letztendlich die Lage der Gelenkflächen zueinander ermittelt werden.
Im humanen Kniegelenk wurde weitgehend übereinstimmend von verschiedenen Autoren gezeigt, dass an der medialen Fläche des Kniegelenks eine größere Kontaktfläche zu finden ist als lateral. Mit fehlender Berücksichtigung der physiologischen Muskelkräfte fanden sie eine ungleiche Belastung zwischen den beiden Femurkondylen mit einer Mehrbelastung des Condylus medialis (Wendorf, 1986).
Volkmer (1991) fand bei Untersuchungen mit drucksensitiven Filmen bei intakten Bandstrukturen auf dem medialen Kondylus einen signifikant höheren Spitzendruck als lateral. Bei zunehmender Beugung stieg auch der Druck medial an, dagegen kam es lateral zu einem leichten Druckabfall. Bei Varus- oder Valgusstellungen wurden wie zu erwarten Mehrbelastungen im medialen bzw. lateralen Kondylus gefunden. Bandinstabilitäten bewirkten ebenfalls in Abhängigkeit zum Flexionswinkel eine Belastungsänderung.
Wendorf (1986) kam bei ihren Untersuchungen zum Ergebnis, dass im Allgemeinen der mediale Condylus im humanen Kniegelenk einer größeren Belastung unterliegt als der laterale. Allerdings zeigte sich bei einer gewissen Anzahl der Präparate eine analoge Belastung von medialen und lateralen Kondylen, in einzelnen Fällen sogar eine umgekehrte Belastung mit dem Schwerpunkt lateral.
Hehne (1981b) stellte bei Kontaktflächenmessungen am humanen femoro-patellaren Gelenk fest, dass in jeder Stellung immer nur 10-25% der retropatellaren Knorpelfläche Kontakt zeigt, diese Fläche sich aber in Beugung vom unteren zum oberen Patellapol bewegt, so dass die gesamte Patella im Laufe eines Bewegungszyklus Kontakt bekommt (Hehne et al., 1981b). Paar et al. (1986) bestätigten diese Ergebnisse bezifferten die Kontaktflächen allerdings auf 17-30%. Der ständige Kontaktwechsel führt zu einer regelmäßigen entlastenden Druckverteilung. Die jeweilige Größe der Kontaktfläche zeigt sich in Abhängigkeit zu den einwirkenden Kräften und ermöglicht eine gleichmäßige Druckverteilung und Stabilität.
Huberti und Hayes (1984) fanden bei Untersuchungen mit drucksensiblen Filmen eine gleichmäßige Druckverteilung zwischen medialer und lateraler Kondylusfläche und einen maximalen Druck im humanen Femoropatellargelenk bei einer Beugestellung von 90°.
C. Material und Methoden
1. Material
Als Material standen die Hintergliedmaßen von Hunden verschiedener Rassen zur Verfügung. Sie wurden zuvor auf Grund tierärztlicher Indikation euthanasiert und entweder bei -18°C gelagert oder unmittelbar einer Präparation und biomechanischer Datenerhebung unterzogen. Bevor die zur Verfügung stehenden Hunde der Präparation zugeführt wurden, wurden sie manu
ell auf eine mögliche Patellaluxation und Kreuzbandruptur überprüft und im positiven Fall von der Untersuchung ausgeschlossen. Die Kniegelenke wurden dann aufpräpariert und einer visuellen Untersuchung auf Knorpelläsionen und degenerative Prozesse unterzogen und konsequent auf optisch intakte Gelenkflächen ausselektiert. So standen letztendlich die Gliedmaßen von 63 Hunden für die verschiedenen biomechanischen Untersuchungen zur Verfügung.
Tab. 2: Übersicht über die untersuchten Hunde
2. Spaltlinien
Zur Untersuchung der Ausrichtung der Knorpel- und Knochenspaltlinien standen insgesamt 11 Hunde zur Verfügung, davon konnten 21 Gelenke ohne optisch erkennbare Knorpeldefekte ausgewertet werden. An 8 der Gelenke konnten sowohl die Knorpel- als auch die Knochenspaltlinien untersucht werden. Die Untersuchung wurde entweder an Gelenken frisch euthanasierter Tiere oder an zuvor tiefgefroren gelagerten Präparaten durchgeführt.
2.1 Knorpelspaltlinien
Zur Untersuchung der Knorpelspaltlinien wurden die Kniegelenke der Hunde bei Zimmertemperatur aufgetaut und die Gelenkfläche von Haut und Weichteilen freipräpariert. Mit einer Stecknadel wurde senkrecht zur Gelenkfläche in die Knorpeloberfläche bis auf die subchondrale Knochenplatte eingestochen. Im Abstand von wenigen Millimetern wird dieses Vorgehen rasterförmig auf der gesamten Gelenkfläche aller drei am Kniegelenk beteiligten Knochenenden durchgeführt. Anschließend trägt man auf die Knorpelfläche einen Tropfen Tinte auf und reibt ihn ein. Dabei dringt die Tinte in die Einstichlöcher ein und färbt sie blau. Um eine bessere Darstellung der Spaltlinien zu erzielen, werden die Gelenke anschließend einige Minuten in Phosphatpufferlösung (pH 7.4) geschwenkt, um überschüssige Farbe abzuwaschen. Die Spaltlinienverteilung wird unter der Stereolupe beurteilt und fotografisch bzw. handschriftlich dokumentiert.
Tab. 3: Hunde (11), bei denen Knorpelspaltlinien ermittelt wurden (n=21)
2.2 Knochenspaltlinien
Zur Untersuchung der Knochenspaltlinien in der subchondralen Knochenplatte werden die freipräparierten Gelenke mazeriert. Dazu kocht man sie zunächst und legt sie anschließend für etwa eine Woche zum Entkalken in eine 5-7% HNO3 bis die Gelenkbereiche von gummiartiger Konsistenz sind. Danach werden sie unter fließendem Leitungswasser ausgespült und mit Cellulosepapier trockengetupft. Zur Darstellung der Knochenspaltlinien wird eine zuvor in Tinte getauchte Nadel rasterförmig im Abstand von wenigen Millimetern senkrecht zur Gelenkfläche wenige Millimeter tief in die subchondrale Knochenplatte eingestochen. Die Verteilung der Knochenspaltlinien wird fotografisch und handschriftlich dokumentiert.
Tab. 4: Hunde (6), bei denen Knochenspaltlinien ermittelt wurden (n=9)
2.3 Subchondrale Knochendichtemessung
2.3.1 Vorbereitung der Proben
Die 24 euthanasierten Hunde wurden innerhalb kurzer Zeit tiefgefroren oder gleich der Datenerfassung zugeführt. Vor der Messung werden die Hintergliedmaßen aus dem Hüftgelenk herausgetrennt.
Tab. 5: Hunde (24), von denen CT-Datensätze erhoben wurden.
Um eine Messung der Gelenkflächen gegen Luft zu ermöglichen, werden die Kniegelenke unter Schonung des Gelenkknorpels aufpräpariert, so dass die Flächen, der drei beteiligten Knochen jeweils frei im Raum gelagert werden können. Gelenke mit optisch erkennbaren Knorpelschäden wurden bei den Messungen nicht berücksichtigt.
2.3.2 Datenerhebung
Die Untersuchung erfolgte am Computertomographen vom Typ Somatom AR/Spiral (Siemens, Erlangen) mit einer Röhrenspannung von 110 keV und der Stromstärke 83 mA. Die Schichtdicke und der Tischvorschub betrugen jeweils 1 mm. Zur Beurteilung der Knochenstruktur wurde ein Fenster mit einer Weite von 2000 HE und dem Zentrum 700 HE gewählt. Die Datensätze wurden danach auf MOD (Magnet Optical Disc) zwischengespeichert.
Die Patella wurde dazu mit ihrer Facies articularis nach oben auf den Untersuchungstisch gelegt, die Unterschenkelknochen sowie das Os femoris mit Polsterungsrollen unterlagert und daran fest fixiert. Die Knochen wurden so gelagert, dass die Schnittebene mit der Gelenkfläche senkrecht im transversalen Strahlengang lag. Die Präparate wurden möglichst eng nebeneinander gelagert, da rechte und linke Gliedmaße gleichzeitig gescannt wurden, damit ein möglichst großer Zoom mit guter Auflösung gewählt werden konnte. Die Gelenkflächen wurden während der Untersuchung durch Besprühen mit physiolgischer Kochsalzlösung feucht gehalten.
2.3.3 Berechnung der Datensätze
Die erfassten CT-Bilddatensätze (IMAGE) wurden mittels der Somaris-Software aus der Datenbank exportiert und in das ACR-NEMA 2 Format (DICOM) konvertiert. Die Daten wurden von der Radiologischen Abteilung der Chirurgischen Tierklinik in das Institut für Tieranatomie übertragen. Auf dem Personal Computer mussten die Bilder vom DICOM-Format in raw-Dateien (Rohbildformat) umgewandelt werden.
(Software „dicom2″, freeware: https://www.hds.utc.fr/~barre/medical/dicom2/index.html (28.02.00)).
Mit dem im Institut für Tieranatomie entwickelten „Measure” Computerprogramm wurden daraufhin aus allen CT-Schnittbildern durch digitales „Ausschneiden” Femur, Tibia und Patella voneinander in separate Datensätze getrennt und als ROIs (Region of Interest) gespeichert. Die Daten der isolierten Knochen und ihrer Gelenkflächen dienten nun als Rechengrundlage für alle weiteren Schritte zur Berechnung der subchondralen Knochendichte und ihrer Verteilung. Dazu wurden die einzelnen Schnittbilder mit der C++-Klassenbibliothek „The Visualistion Toolkit” (VTK) dreidimensional rekonstruiert.
2.3.4 Subchondrale Knochendichte-Darstellung
Die ROI-Datensätze wurden mit dem Programm „vtkctoam” umgewandelt. „vtkctoam” misst die Graustufenwerte und damit die Knochendichte der Bilddateien. Der höchte Knochendichtewert wurde in ein dreidimensionales Objekt für die Falschfarbendarstellung umgesetzt, damit in der isolierten Gelenkfläche das Dichtemaximum der subchondralen Knochenplatte senkrecht zu jedem Punkt ermittelt werden konnte. Im nächsten Schritt, mit dem Programm „vtkshowmip” (MIP = Maximal Intensity Projection) wurden die jeweiligen Werte auf die Gelenk- und Knochenoberfläche projiziert. Die 4096 möglichen Graustufen, die dem Mineralisierungsgrad entsprechen, wurden auf den biologisch bedeutenden Bereich von 500-2000 HE reduziert.Diesem wurden 15 Falschfarbstufen von rot bis blau zugeordnet. An rote eingefärbten Stellen findet sich die höchste Dichte, blau kennzeichnet das Dichteminimum (Abb. 31). Die farbige Knochendichteverteilung (MIP) des dreidimensional rekonstruierten Knochens konnte so dargestellt werden.
2.3.5 Ers
tellung eines Summationsbildes
Um die Verteilung der Knochendichte auf der Gelenkfläche tatsächlich vergleichen zu können wurde nun jeder einzelne Datensatz auf einen zuvor ausgewählten Standardknochen projiziert.
Dafür wurde jeder einzelne individuelle Knochen mit VTKCISG verschoben, gedreht und gedehnt, bis er an die Struktur des Standardknochens angepasst war.
Die Darstellung der individuellen Knochendichteverteilung mittels eines Summationsbildes entstand über das VTK CISG Registration Toolkit der Computational Imaging Science Group, King´s College London. Dies ist eine frei zugängliche Software (gebunden an die Bedingungen der GNU General Public License) (Hartkens et al., 2002). Es arbeitet auf der Grundlage einer Normalised Mutual Information (NMI). Hierbei wurden ohne Eingreifen des Anwenders Bilddatensätze aus dem gleichen oder verschiedenen bildgebenden Verfahren, wie CT und MRT aufeinander abgeglichen (Holden et al., 2000; West et al., 1997).
Die einzelnen raw-Dateien wurden in das VTK CISG Registration Toolkit eingegeben und im Rahmen des „matching”-Prozesses an einen zuvor ausgewählten Referenzdatensatz dreidimensional angepasst. Der Referenzdatensatz diente als Basis für die Rekonstruktion der Referenzgelenkfläche. Anschließend wurden die bearbeiteten Datensätze wieder in Einzelbildern im ursprünglichen Bildformat zurückexportiert. Aus diesem angepassten Datensatz wurden mit einer maximum intensity projection der jeweils maximale Dichtewert auf jeden Punkt der Referenzgelenkfläche projiziert („vtkctoamsurface”). Durch diese Vorgehensweise wurden die entsprechenden Bereiche verschiedener Datensätze jeweils der korrespondierenden Stelle der Gelenkfläche zugeordnet.
Jeder einzelne Bildpunkt der Referenzgelenkfläche konnte nun mit seinem Dichtewert gelesen und in einer Textdatei gespeichert werden. Die Werte in der Textdatei können in eine Excel-Arbeitsmappe importiert werden (vtkvaluestoexel). Die tabellarisch registrierten Dichtewerte der individuellen Gelenke konnten nun in Mittelwertdateien von Femur, Tibia und Patella gespeichert werden. Mit „vtkexeltovalues” wurden die gemittelten auf die Normgelenkflächen (vtk-Dateien) rückübertragen. Diese vtk-Dateien mit gemittelten Dichtewerten oder der Standardabweichung konnte mit vtkshowmip erneut angezeigt werden (Dickomeit, 2002). Damit wurde ein Vergleich und die statistische Verarbeitung individueller Datensätze möglich.
2.4 Femurtorsion und femorotibiale Rotation
2.4.1 Torsionsmessung am Femur
Im Rahmen der computertomographischen Messungen zur Knochendichtebestimmung wurde anhand der dabei entstandenen Schnittbilder anschließend die Femurtorsion, sowie die femorotibiale Rotation nach dem Verfahren von Löer (1998) bestimmt. Dazu wurden folgende Schnitte für jede Gliedmaße ausgewählt:
- Femurkopfschnitt: in Höhe des Maximaldurchmessers des Femurkopfs
- Halsbasisschnitt: in Höhe des Trochanter minor durch die Halsbasis
- distaler Schaftschnitt: unmittelbar proximal der Tuberositas supracondylaris lateralis durch den distalen Schaftbereich
- Kondylenschnitt: durch die Femurkondylen, am Übergang von der mittleren zur oberen Hälfte der Fossa intercondylaris
- Tibiakopfschnitt: durch den Tibiakopf in Höhe des Sesambeins des M. popliteus
Bei der direkten Torsionsmessung muss die Bedingung erfüllt sein, dass der Femurschaft parallel zur Horizontalen gelagert wird (das kann im Topogramm überprüft werden) In diesem Fall können der Femurkopfschnitt und der Halsbasisschnitt mit Hilfe der im CT vorhandenen Software zu einem Summationsbild übereinander projiziert weden. Dabei werden die Mittelpunkte beider Strukturen markiert und zur FHA (Femurhalsachse) verbunden. Auf dem Bildschirm erscheint automatisch der Winkel, den die entstandene Gerade mit der Waagrechten bildet. Zur Konstruktion der Kondylenachse (CA) wird mit Hilfe des am CT vorhandenen Markierungsstiftes die maximale kaudale Wölbung beider Femurkondylen verbunden. Am Monitor erscheint erneut der Winkel, der die eingezeichnete Gerade mit der Waagrechten bildet.
Anschließend kann der ATW durch Addition oder Subtraktion der beiden gemessenen Winkel von FHA und CA berechnet werden. Weisen die beiden Winkel gleiche Neigung, also ein gleiches Vorzeichen auf, werden die beiden Winkel voneinander abgezogen, bei ungleichem Vorzeichen und damit gegensätzlicher Neigung werden die beiden Werte addiert.
Abb. 14: Computertomographische Torsionsmessung an Femur
und Tibia des Hundes. Links Übersichtsaufnahme mit Schnittebenen,
Mitte Schichtaufnahmen (Tomogramme) und Bezugsachsen,
rechts Winkeldarstellung im Additionsbild (aus Löer, 1998).
Bei der lagerungsunabhängigen mathematischen Ermittlung des ATW aus computertomographisch erfassten Fixpunkten wurde von Löer (1998) ein spezielles Computerprogramm entwickelt, mit dem der ATW unabhängig von der Neigung des Femurschaftes berechnet werden kann. Die einzige Bedingung zur Lagerung ist, dass die Schaftachse des Femurs parallel zur Längsachse des Untersuchungstisches liegt. Die für die Berechung nötigen Punkte sind:
- das Femurkopfzentrum, entspricht dem Femurkopfschnitt,
- der Halsbasismittelpunkt, entspricht dem proximalen Schaftzentrum und ist der proximale Bezugspunkt,
- der distale Schaftmittelpunkt, als distaler Referenzpunkt; dieser befindet sich bei gestrecktem Kniegelenk patellabreit proximal der Kniescheibe,
- der mediale Kondylenpunkt,
- der laterale Kondylenpunkt.
Jedem Punkt im Bild ist ein X- (Column), ein Y- (Line) und über die Tischposition ein Z-Punkt im 3D-Koordinatensystem der Matrix zugeordnet, der aus dem ausgewählten Scan abgelesen werden konnte. Diese 15 Werte wurden in ein separates Programm zur Berechnung des ATW eingegeben.
2.4.2 Femorotibiale Rotation
Zur Ermittlung der femorotibialen Rotation wurden die proximale Tibiaepiphysenachse zur distalen Femurepiphysenachse in Bezug zueinander gebracht. Neigt sich die Tibiaachse im Bezug zur Femurachse nach außen, erhält man einen positiven Winkel (= Außenrotation). Ist die Tibiaachse dagegen nach innen geneigt, ergibt sich eine Einwärtsdrehung, d.h. Innenrotationswinkel und ein negatives Vorzeichen. Da Rotationswinkel während der Bewegung ihre Größe ändern (Löer, 1998), werden die Gliedmaßen in einer standardisierten Form gelagert, um den Einfluss der Lagerung auf den Winkel auszuschließen.
3.5 Kontaktflächenmessung
3.5.1 Vorbereitung der Präparate
Für die Kontaktflächenmessung werden die tiefgefrorenen Hintergliedmaßen aufgetaut und für die Untersuchung präpariert. Dazu wird die Haut, der im Hüftgelenk abgesetzten Gliedmaße bis in Höhe des Sprunggelenks entfernt, ebenso die Muskulatur mit der Patella. Die Bänder des Kniegelenks müssen unbedingt geschont werden, da die Stellung von Tibia und Femur zueinander erhalten bleiben soll. Anschließend wird die Schablone für den Kniegelenkswinkel angeschraubt (siehe unten). Die Gelenkflächen werden während der gesamten Untersuchung mit physiologischer Pufferlösung feuchtgehalten.
Tab. 6: Hunde (4), die zur Kontaktflächendarstellung zur Verfügung standen (n = 7)
3.5.2 Berechnung der Gelenkreaktionskräfte Fkx, Fky und Fkz
Mittelwerte für die drei Gelenkreaktionskräfte Fkx, Fky und Fkz (Shahar, 2002).
Tab. 7: Werte für die Berechnung der Gelenkreaktionskraft Fg
Der Betrag der Gelenkreaktionskraft Fg lässt sich aus den drei Komponenten Fkx, Fky und Fkz über Satz des Pythagoras berechnen:
√(Fkx² + Fky² + Fkz²) = Fg
Werden die Werte aus Tab. 7 eingesetzt ergibt sich folgender Betrag für Fg (in Prozent des Körpergewichts):
106,44
Die Richtung der Gelenkreaktionskraft lässt sich über die Arcussinus-Funktion aus den einzelnen Kraftkomponenten berechnen (Abb. 11).
Fkx ist in der Sagittalebene um rund 6° nach kranial geneigt, in der Transversalebene um rund 2° nach lateral gekippt. Für die weiteren Untersuchungen wurde nur der Winkel in der Sagittalebene berücksichtigt.
Abb. 15: Schematische Darstellung der Beckengliedmaße des Hundes
Ansicht von lateral (a) und kranial (b) (Shahar, 2002). Fg – Gelenkreaktionskraft
Fkx,
Fky, Fkz – orthogonale Komponenten der Gelenkreaktionskraft
Zur Stabilisierung des Präparates während der Messung in dem, in der Literatur durchschnittlich angegebenen Kniegelenkswinkel von 130° (Addis, 1971; Adrian et al., 1966; Dyce, 1952; Lott, 1988, 1990; Unkel-Mohrmann, 1999) wurde eine Schablone aus Kunststoff an Os femoris und Tibia festgeschraubt.
Die Fixpunkte waren der Trochanter major (T), der Condylus lateralis (C) und der Malleolus lateralis (M). Die direkte Verbindungslinie von T zu M wurde aus der Senkrechten um den Winkel α=6° nach kranial gekippt und damit der Punkt M’ auf M abgebildet. Für die Erstellung einer Schablone zum Einbetten des Präparates in Schnellzement konnte die Strecke MM’ über die Sinus-Funktion berechnet werden:
TM • sinα = MM’ mit α = 6° ergibt sich: TM •0,1= MM’
Die Strecke MM’ ist damit ein Zehntel der Strecke TM.
Mit der angeschraubten Schablone wurde das Versuchsobjekt mit der Tibia in einen Aluminiumbecher einzementiert. Dieser wurde am Querbalken der Materialprüfmaschine befestigt und das Os femoris in einen Becher mit flüssigem Schnellzement (Racofix® Montagemörtel, Dyckerhoff sopro GmbH) getaucht (Abb. 16).
Abb. 16: Versuchsaufbau zur Ermittlung der Kontaktflächen in der Art.
femorotibialis. Das präparierte Kniegelenk wurde mit der angeschraubten
Schablone in die Aluminiumbecher einzementiert.
Nach dem Aushärten des Zements wurden die Bänder und die Schablone am Präparat durchtrennt (Abb. 17). Damit ließen sich die beiden Gelenkanteile in der physiologischen Gelenkstellung belasten.
Abb. 17: Nach dem Aushärten des Schnellzements, wurde die Schablone
und die restlichen Gelenkstrukturen durchtrennt. Dadurch blieben die Gelenkanteile
in physiologischer Position belastet.
3.5.3 Darstellung der Gelenkfläche mit Druckbelastung
Die vorbereitete und in einem Aluminiumbecher eingebettete und einzementierte Gliedmaße wurde in der Materialprüfmaschine (Zwick Z010, Firma Zwick GmbH & Co., Ulm) fixiert und anschließend im Kniegelenk getrennt. Die offen liegenden Knorpelflächen wurden während des gesamten Versuchs mit physiologischer Kochsalzlösung feucht gehalten.
Der Aluminiumbecher mit dem Femur wurde an einem höhenbeweglichen Querbalken befestigt. Dieses Teil besitzt eine Messdose für Zug- und Druckkräfte. Die Gliedmaße wurde so eingespannt, dass die Druckkraft exakt achsengerecht auf das Gelenk einwirkte.
Bei jedem Hund und in jeder Kraftstufe wird die Kontaktfläche mit zwei Methoden bestimmt: mit einem Silikonabdruck und einer Druckmessfolie.
3.5.3.1 Kontaktflächendarstellung mit Silikonabdruck
Das mit der Silikonmasse (Dental ADS 562 A/B, Wacker-Chemie KG, Burghausen) befüllte Gelenk wurde mit steigendem Druck belastet. Die Zeit bis zum Erreichen der voreingestellten Last betrug etwa 30-40 Sekunden. Nach dieser Phase wurde die Kraft computergesteuert von kraftgeregelt auf 100%Fmax lagegeregelt umgeschaltet. Dadurch wurde verhindert, dass während der Aushärtung des Silikons durch zunehmende Anpassung der viskoelastischen Gelenkknorpeloberfläche die Kontaktfläche sich vergrößerte. Die Gesamtbelastungsdauer betrug 10 Minuten. Das Polymer konnte sich in allen sich nicht direkt berührenden Bereichen des Gelenks ausbreiten. Die Druckbelastung wurde erst nach vollständiger Aushärtung der Masse beendet. Der Silikonabdruck konnte entnommen werden. Die Löcher im erzeugten Gelenkabdruck stellten die Kontaktstellen zwischen Femur und Tibia dar.
Dieses Vorgehen wird analog bei steigender Belastung von 25, 50, 75, 100, 125, 150, 200 und 250% der Körpergewichtskraft durchgeführt. Die dabei auftretenden Kräfte liegen bei allen Hunden zwischen 61 und 907 Newton.
Auswertung der Silikonausgüsse
Die untersuchten Femora wurden nach den Belastungsversuchen ausgekocht, um die Weichteile und Knorpel zu entfernen. Die Menisken wurden an den Tibiae belassen und bis zur weiteren Verwendung in Phosphatpuffer-Lösung gelegt. Danach wurden die Gelenkflächen in flüssiges Paraffin (Paraplast+®, Sherwood medical, Athy, Ireland) getaucht und mit weißer Dispersionsfarbe bepinselt. Die Silikonausgüsse dienten als Schablone, um die Kontaktstellen mit einem roten Farbstift auf die weiß angestrichene Gelenkfläche von Os femoris und Ti
bia zu übertragen. Dann wurden diese dreidimensionalen bemalten Paraffin-Farb-Überzüge mit einem Skalpell vom Knochen entfernt und nach dem nötigen Ein- oder Zerschneiden auf schwarzem Tonpapier ausgebreitet und so in zweidimensionale Form übertragen. Auf eine Wärmeplatte (65ºC) gelegt, konnte das geschmolzene Paraffin mit einem Papiertuch abgetupft werden. Auf dem Tonpapier blieb die weiße Dispersionsfarbe mit der aufgemalten Kontaktfläche zurück.
Abb. 18: Linke Femurkondylen eines Labrador Retrievers, männlich, 32 kg (W2-26) mit
eingezeichneten Kontaktflächen bei Belastungsstufe 100%; a) kaudodistale Ansicht.
b) Tibiaplateau mit eingezeichneten Kontaktflächen bei 200%.
Diese wurden digitalisiert (300 dpi) und mit dem Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop 7.0 (Adobe Systems Incorporated) nachbearbeitet. Die Software UTHSCA Image Tool (University of Texas Health Science Center, San Antonio) kann die Pixel einer bestimmten Farbe zählen. Bei bekannter Auflösung in einem Kalkulationsprogramm die Flächenabschnitte berechnen (Excel).
Dazu wurde einmal die Größe der gesamten Gelenkfläche sowie die Größe der übertragenen Kontaktfläche bestimmt.
3.5.3.2 Kontaktflächendarstellung mit Druckmessfolie
Um eine quantitative Messung, der an den Kontaktstellen auftretenden Druckkräfte zu erhalten, wird der drucksensible Film (Fuji Prescale Pressure Measuring Film) in das Gelenk eingebracht und mit denselben Kraftstufen wie im Abdruckverfahren belastet. Da hier aber die Aushärtungszeit entfällt, reduziert sich die Belastungsdauer auf 60 Sekunden. Die kraftgesteuerte Einstellung wird während der ganzen Testdauer beibehalten.
Hierfür wird zunächst ein Paraffinabguss der Tibia hergestellt, auf dem die Gelenkfläche mit weißer Farbe markiert und entsprechend eingeschnitten auf schwarzes Tonpapier übertragen wird. Die so entstandene Schablone wird vorsichtig ohne Druckausübung auf die beiden Bestandteile des Films übertragen. Die eine der beiden Folien ist mit einem mikroverkapselten Farbstoff beschichtet, während die andere den dazugehörigen Entwickler enthält. Die zwei vorbereiteten Anteile werden mit der beschichteten Seite zueinander aufeinander gelagert, mit einer Zellophanfolie faltenfrei und wasserdicht verpackt und so in den Gelenkspalt eingelegt. Bei Druck auf den Film platzen die Farbstoffkügelchen proportional zur einwirkenden Kraft.
Für diesen Versuch kamen zwei Empfindlichkeitsklassen zum Einsatz. In den unteren Belastungsstufen der Typ Superlow mit einem Sensivitätsbereich von 0,5 bis 2,5 MPa sowie der Typ Low für 2,5 bis 10 MPa.
Durch die Einschnitte im Film ist es möglich, ohne Artefaktbildung die zweidimensionale Druckmessfolie in den gwölbteb Gelenkspalt einzuformen.
Die Entwicklerfolie wird nach dem Versuch entfernt, der gefärbte Teil auf schwarzes Tonpapier geklebt und mit 300 dpi digitalisiert.
Auswertung der Druckfilme
Die Filme wurden digitalisiert und invertiert. Im Programm Image Tool wurden die Scans in Falschfarben umgewandelt. Die acht Rottöne der Filmfolie werden in 16 Farbstufen aufgespreizt und erleichtern so die subjektive Auswertung.
D. Ergebnisse
1. Spaltlinien
Die erzeugten Spaltlinien zeigten an allen drei untersuchten Gelenkflächen von Os femoris, Tibia und der Patella sowohl am Knorpel als auch am Knochen zumindest in weiten Bereichen eine deutliche Orientierung der Spaltlinienausrichtung. Sie spiegeln die Verlaufsrichtung der Kollagenfasern im Knorpel bzw. in der subchondralen Knochenlage und somit die Hauptspannungsfelder wider und sind damit als Ausdruck der Belastungsverhältnisse im Gewebe zu sehen. Zuviel aufgetragene Tusche konnte in physiologischer Kochsalzlösung abgespült werden. Zu stark entkalkte Knochen lieferten keine verwertbaren Ergebnisse.
1.1 Knorpelspaltlinien
Die Knorpelspaltlinien wurden an 11 Hunden unterschiedlichen Alters (II-V), Rasse, Geschlechts und Körpermasse (3,5 kg-42,5 kg) untersucht.
1.1.1 Os femoris
An der Trochlea ossis femoris fanden sich weitgehend gleichbleibende Spaltlinienausrichtungen. Während bei fast allen untersuchten Präparaten die Spaltlinienausrichtung auf dem höchsten Punkt der Rollkämme exakt horizontal und parallel zueinander von abaxial nach axial verliefen, fanden sich bei einem Hund (W2-6) keine an dieser Stelle keine Spalten, sondern nur die runden Einstichlöcher. Dagegen kippten in allen Fällen die Spaltlinien in Richtung der mittleren Gelenkfurche immer mehr in Richtung distal und medial, um dann in der Mitte der Furche, also an der tiefsten Stelle der Gelenkfläche, exakt senkrecht nach distal in die Kranialbegrenzung der Fossa intercondylaris zu ziehen. Die kraniale Seite der Fossa intercondylaris war arkadenförmig durch die Gelenkfläche der Femurkondylen begrenzt. Um diesen Bogen spannten sich die Spaltlinien strahlenförmig aus und wurden radiär auf dem Condylus medialis und lateralis fortgeführt.
Hier zeigten sie individuell unterschiedlich einen von medial nach lateroproximalen oder nahezu waagrechten Verlauf. Weiter distal erreichten aber alle die waagrechte Ausrichtung, besonders konsequent ausgeprägt am medialen Kondylus. Auf der kaudalen Gelenkseite blieben die Spaltlinien zunächst weiterhin waagrecht. Am proximokaudalen Ende der Gelenkfläche im Bereich des Ansatzes der Sesambeine des M. gastrocnemius zeigte sich keine einheitliche Spaltlinienrichtung mehr. In Einzelfällen zeigten sich Spaltlinien, die senkrecht daran anschließen, teilweise war überhaupt keine Vorzugsrichtung auszumachen, anderen untersuchten Präparaten fehlten die Spaltlinien in diesem Bereich völlig.
1.1.2 Tibia
Auf der Facies articularis der Tibia zogen die Spaltlinien sowohl auf dem medialen als auch auf dem lateralen Kondylus von außen nach zentral in Richtung der Eminentia intercondylaris. Im mittleren Bereich des Condylus lateralis tibiae verliefen die Linien nahezu parallel zueinander in Querrichtung, während sie im Bereich des Sulcus extensorius mehr schräg, aber ebenfalls in Richtung Zentrum der gesamten Gelenkfläche ausgerichtet waren. Im kaudalen Gelenkbereich wichen die Spaltlinien individuell unterschiedlich stark von der Querrichtung ab, waren aber immer in Richtung des Gelenkzentrums geneigt. Die Spaltlinien am Condylus medialis zeigten sich gleichmäßig um den zentralen Gelenkbereich der Eminentia intercondylaris ausstrahlend.
Abb. 19: Summationsbild der Knorpelspaltlinien an den Kondylen des rechten Os femoris.
1.1.3 Patella
Die Spaltlinien des Gelenkknorpels der Patella zeigten sich nicht so einheitlich wie auf den beiden anderen Gelenkflächen des Kniegelenks. Zwar konnte im Zentrum der Fläche zumindest in kleinen Arealen ebenfalls eine Gemeinsamkeit bei den meisten untersuchten Präparaten aufgezeigt werden, denn in diesem Areal verliefen die Linien auch nahezu parallel in horizontaler Ausrichtung, insgesamt aber nicht so homogen und weniger deutlich. Bei 3 von 11 waren auf der gesamten Gelenkfläche fast keine, nur völlig vereinzelte Spaltlinien, aber keine Vorzugsrichtung darzustellen. In den peripheren Gelenkanteilen wurden individuell unterschiedliche Verläufe dargestellt. An der Apex und Basis patellae wurden teilweise senkrechte, ohne erkennbare Ausrichtung oder überhaupt keine Spaltlinien nachgewiesen.
Abb. 20: Spaltlinien auf dem Gelenkknorpel der Tibia. (W2-10, rechte Tibia).
Abb. 21: Summationsbild der Knorpelspaltlinien an den Kondylen der linken
Tibia (Ansicht von proximal).
Abb. 22: Summationsbild der Knorpelspaltlinien an der Gelenkfläche der rechten Patella.
1.2 Knochenspaltlinien
Die Spaltlinien des subchondralen Gelenkknochens wurden an denselben Gelenken untersucht, an denen zuvor die Untersuchung der Knorpelspaltlinien durchgeführt wurde.
Ergebnisse gibt es von 9 Gelenken, die von 6 Hunden stammen.
1.2.1 Os femoris
An der Gelenkfläche der Trochlea ossis femoris konnten ähnliche Verläufe der Spaltlinien im Knochen wie zuvor im Knorpel nachgewiesen werden.
Die Spaltlinien im axialen und abaxialen Bereich der Gelenkfläche, also am Punkt der höchsten Erhebung der beiden Rollkämme zeigten nur wenig Neigung in Richtung distal. Im zentralen Bereich der Rollkämme verliefen sie teilweise nahezu waagrecht, weiter kranial eher nach mediodistal gekippt. Im kaudalen Abschnitt war die Kippung mehr medioproximal. Im zentralen Bereich der Trochlea ossis femoris fand sich erneut eine senkrecht nach distal verlaufende Spaltlinienrichtung. Am medialen Rollkamm war die Verlaufsrichtung nicht so konstant wie am lateralen.
An der kranialen Begrenzung der Fossa intercondylaris fand sich regelmäßig die radiäre Ausrichtung der Spaltlinien rings um die bogenförmige Struktur zwischen den beiden Femurkondylen. Individuell unterschiedlich zeigten sich die Spaltlinien im proximalen Abschnitt der Femurkondylen. Der mediale Kondylus zeigte in den meisten Fällen einen nur leicht schrägen Verlauf der Linien von mediodistal nach lateroproximal. Am distalsten Abschnitt, also an der Umbiegestelle der Kondylen nach kaudal wies er einen nahezu waagrechten Verlauf auf. Ein analoger Spaltlinienverlauf konnte am lateralen Kondylus aufgezeigt werden, wobei hier die Spaltlinien etwas öfter als am medialen Kondylus sozusagen “aus der Reihe tanzten” und teilweise Spaltlinien ohne erkennbare Richtung zur Darstellung brachten. Auf der kaudalen Fläche der Kondylen fand sich regelmäßig eine Fortführung der kranialen Spaltlinienrichtungen, aber häufig auch Spaltlinien ohne nachvollziehbare Richtung.
Abb. 23: Knochenspaltlinien am rechten Femur eines Irish Setter, männlich,34 kg,
Ansicht von kranial, von kraniodistal und kaudal (von links nach rechts, Hund W2-3).
1.2.2 Tibia
Im zentralen Abschnitt der Facies articularis lateralis tibiae zeigten sich regelmäßig waagrechte Spaltlinienausrichtungen, die in der Peripherie sich mehr oder weniger stark in Richtung Eminentia intercondylaris ausrichteten. Im Zentrum der Facies articularis axialis stellten sich die Spaltlinien ebenfalls in waagrechter Ausrichtung dar, die Peripherie dagegen etwas inhomogener. Hier zeigten die Spaltlinien zum Teil rechtwinklig auf die zentralen Linien, teilweise einen bogenförmigen Verlauf, in anderen Fällen divergierten sie von mediokaudal nach laterokranial oder behielten ihre nahezu transversaler Richtung.
Abb. 24: Knochenspaltlinien der rechten Tibia eines Irish Setter, männlich, 34 kg (Ansicht von proximal, W2-3)
1.2.3 Patella
Bei einem von 9 Gelenken war überhaupt keine Spaltlinienvorzugsrichtung auszumachen. Dabei handelte es sich aber nicht um eines der Präparate, bei denen zuvor im Knorpel keine Vorzugsrichtung nachzuweisen war. Außer dem ersten, war allen anderen die kranzförmige Umrahmung der Gelenkfläche durch die Spaltlinien in der Peripherie der Gelenkfläche gemein. Zentral fanden sich verschiedene Variationen: Spalten, die vom Zentrum mit senkrechtem Verlauf nach axial und abaxial divergieren, zwei Präparate, denen zentral jede Vorzugsrichtung fehlte. In einem weiteren Präparat zeigten sich im Bereich der Basis patellae eine vertikale Verlaufsrichtung, die am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel auf horizontal verlaufende Spaltlinien stieß.
Abb. 25: Knochenspaltlinien auf der Patella (W2-3, rechte Patella).
2. Ergebnisse der Kontaktflächenbestimmung
2.1 Ergebnisse der Silikonabdrücke
Da die Articulatio femorotibialis durch den medialen und lateralen Kondylus einerseits und die Eminentia intercondylaris tibiae andererseits jeweils in einen medialen und lateralen Anteil untergliedert ist, wurde auch in dieser Untersuchung die gesamte Gelenkfläche in einen medialen und einen lateralen Anteil untergliedert und getrennt betrachtet.
2.1.1 Kontaktflächen auf der Facies articularis tibiae
Bei 3 von 7 Gelenken zeigte sich in der niedrigsten Belastungsstufe von 25% sowohl auf der medialen als auch der lateralen Gelenkfläche eine einzelne Kontaktstelle. Bei den 4 anderen Gelenken war bei allen Belastungsstufen medial auch nur eine ungeteilte Kontaktstelle zu finden, während sich lateral in 3 Fällen eine zweigeteilte, in einem Fall sogar eine dreigeteilte Kontaktstelle zeigte. In einem Fall war die laterale Kontaktstelle auch noch in der zweiten Belastungsstufe (50%) zweigeteilt.
Allgemein wurde festgestellt, dass die mediale Kontaktstelle während aller Belastungsstufen und bei allen hier untersuchten Gelenken eine größere Fläche darstellte. Mit steigendem Druck nahm deren Größe zu. Laterale und mediale Fläche ähnelten sich spiegelverkehrt. Beide wiesen eine bohnenförmige Gestalt mit einer axialen Ausziehung auf. Am medialen Gelenkanteil fand sich zunächst auch eine eher längliche Gesamtform, die bei steigendem Druck runder wurde, lateral blieb die längliche Form erhalten. Bei der niedrigsten Belastung fanden sich die Kontaktstellen zunächst mehr peripher mit einer Halbmondform, die unterteilten Kontaktstellen lagen an den Enden dieses imaginären Bogens, die spätere Form ließ sich bereits erahnen. Bei zunehmender Krafteinwirkung war die Kontaktstelle aber auf beiden Seiten zentral gelegen.
Diagramm 1: Kontaktflächen der lateralen Tibiagelenkfläche.
Diagramm 2: Kontaktflächen der medialen Tibiagelenkfläche.
Diagramm 3: Kontaktfläche der Tibiagelenkfläche; Mittelwerte aller Messwerte.
Wie in den Diagramm 1 bisDiagramm 3 im Rahmen der Messgenauigkeit der Methode zu erkennen ist, ließ sich bei steigendem Druck ein Anstieg der Kontaktflächengröße beschreiben. Der Flächenzuwachs war in den niedrigen Belastungsstufen hoch, hielt sich über mehrere Kraftstufen auf einem nur schwach ansteigenden Niveau und stieg in den höchsten Belastungsstufen noch mal deutlich an. Dies galt sowohl für den medialen als auch lateralen Kondylus. Wie in Diagramm 3 zu sehen ist, übernahm der mediale Kondylus zunächst die größte Drucklast, bei hoher Belastung glich sich die Kraftübernahme aber zwischen lateral und medial immer mehr aus.
2.1.2 Kontaktflächen auf dem Kondylus femoris
Auf den Femurkondylen fand sich ein analoges Verteilungsmuster. Ebenfalls in 3 von 7 Fällen gab es bei der Belastungsstufe von 25% der Körpergewichtskraft sowohl medial als auch lateral eine ungeteilte Kontaktstelle, in weiteren 3 Präparaten lagen lateral zweigeteilte Kontaktstellen, in einem Fall eine dreigeteilte Kontaktstelle vor. Medial war immer eine ungeteilte Fläche zu finden.
Abb. 26: Kontaktflächen auf dem medialen Femurkondylus
Bild 1: Gesamtgelenkfläche des medialen Kondylus mit darauf eingezeichneter Kontaktfläche.
Bild 2: Gesamtgelenkfläche des medialen Kondylus.
Bild 3: Die ehemals rotgefärbte Kontaktfläche einzeln.
(W2-26, rechter Femur, Belastungsstufe 100%, 314 N)
Die Form war ebenfalls analog zur Tibiagelenkfläche, die mediale und laterale Fläche erscheinen nahezu spiegelverkehrt. Die ausprägung der axialen Ausziehnung erschien auf den Femurkondylen allerdings nicht ganz so ausgeprägt wie auf der Tibia. Die mediale Fläche war ebenfalls größer als die laterale, begann ebenfalls länglich, wurde aber erst in den höchsten Belastungsstufen rundlicher. Die Kontaktstelle lag entsprechend der Kniegelenkswinkelung im Versuchsaufbau ebenfalls zentral auf Höhe der breitesten Stelle der beiden Kondylen.
Diagramm 4 bis Diagramm 6 zeigten, dass sich die Kontaktflächen im Femur ähnlich denen der Tibia verhielten. Nach einem deutlichen Anstieg der Kontaktflächengröße zwischen den unteren Belastungsstufen, konnte ebenfalls ein Plateau mit nur geringer Zunahme der Kontaktflächengröße und deutlichem Anstieg im hohen Belastungsbereich beschrieben werden.
Diagramm 4: Kontaktflächen der medialen Femurgelenkfläche.
Diagramm 5: Kontaktflächen der lateralen Femurgelenkfläche.
Diagramm 6: Kontaktfläche der Femurgelenkfläche; Mittelwerte aller Messwerte.
2.2 Ergebnisse der drucksensiblen Filme
Die Filme ergaben in allen Kraftstufen deutlich kleinere Kontaktstellen als bei den Silikonabdrücken. Die mit letzterer Methode ermittelte Form konnte hier nur in Einzelfällen nachvollzogen oder zumindest erahnt werden. Bei der Einstiegsbelastung von 25% zeigte sich in allen Fällen zentral am medialen Kondylus ein Abdruck auf dem Film.
Abb. 27: Vergleich der Kontaktflächen in der Belastungsstufe 100%, 314N (W2-26, rechte Tibia)
Bild 1: Silikonabdruck Bild 2: Druckfilm (Fuji SLow)
Bei steigendem Druck kam es zu einer Vergrößerung der Kontaktfläche. Am kleineren medialen Kondylus fand sich eine größere Kontaktfläche und zwar schon von der ersten Druckstufe von 25% der Körpergewichtskraft an.
Abb. 28: Kontaktflächen bei steigenden Belastungsstufen (W2-26, rechts)
Bild 1: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 150%, 471N
Bild 2: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 200%, 628N
Bild 3: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 250%, 785N
Für die Untersuchungsreihe kamen zwei Filme mit unterschiedlicher Empfindlichkeit zum Einsatz. In den unteren Belastungsstufen mit einem Druckbereich von 0,5 bis 2,5 MPa Super-Low (SLow), für den Bereich von 2,5 bis 10 MPa der Film mit geringerer Empfindlichkeit (Low). In der Übergangsstufe bei etwa 100-125% kamen beide Filme zum Einsatz.
Abb. 29: Rottöne und zugeordnete Falschfarben.
Abb. 30: Falschfarbendarstellung der selben Kontaktflächen bei den gleichen
Belastungsstufen (W2-26, rechts)
Bild 1: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 150%, 471N
Bild 2: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 200%, 628N
Bild 3: Kontaktfläche in der Belastungsstufe 250%, 785N
Um die unterschiedlichen Rotnuancen besser beurteilen zu können und damit leichter subjektiv auf die tatsächliche Druckverteilung zu schließen, wurden die acht Rottöne mit dem Computerprogramm Image Tool in 16 Falschfarben aufgespreizt.
3. Ergebnisse der computertomographischen Messungen
3.1
Computertomographische Torsions- und Rotationsmessung
Die bei 15 Hunden unterschiedlicher Rassen, Geschlechts und Körpergewichts gemessenen Antetorsionswinkel lagen zwischen 11,5° und 28,0° mit einem Mittelwert von 19,0°. Bei den 18 auf die femorotibiale Rotation hin untersuchten Hunden ergaben sich Messwerte zwischen -4° und 27° bei einem Mittelwert von 8,1°.
Tab. 8: Ergebnisse der Antetorsionswinkel- (ATW) und Femorotibialen Rotations-Messung (FTR).
3.2 Subchondrale Knochendichtemessung – Die Verteilung der Knochendichte auf der Gelenkfläche (CTOAM)
Die Knochendichtewerte der subchondralen Knochenplatte von Femur, Tibia und Patella wurden in Hounsfieldeinheiten angegeben und mit Falschfarben kodiert dargestellt.
Abb. 31: Farbkodierung der Hounsfieldeinheiten.
3.2.1 Femur
3.2.1.1 Individualergebnisse der Knochendichteverteilung – Femur
Die absoluten Werte der Knochendichte in der Facies articularis femoris zeigten sich individuell verschieden. Allen gemein war aber die Lokalisation höherer bzw. geringer Knochendichte. Alle untersuchten Femora zeigten zentral in der Trochlea ossis femoris ein Dichtemaximum.
Abb. 32: Seitenvergleich der Knochendichteverteilung der Facies articularis
femoris von linkem (oben) und rechtem (unten) Femur eines Mischlinghundes, männlich,21 kg,
Altersgruppe III (Knie 28). Von links nach rechts: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal.
Wie in Abb. 32 dargestellt, wiesen alle untersuchten Gelenke eine weitgehende Übereinstimmung der Knochendichteverteilungsmuster zwischen linker und rechter Körperseite auf.
Wie in Abb. 33 in der Falschfarbendarstellung zu erkennen ist, variierten die absoluten Knochendichtewerte zwischen den Individuen zum Teil erheblich.
Während Hund 33 (Abb. 33 a-c) in der Trochlea ossis femoris Spitzenwerte von 1800 HU erreichte, fand sich bei dem Hund Pudel2 (Abb. 33 g-i) in einem kleinen Bereich maximal Werte von gerademal 1500 HU. Bei Pudel2 dominierten in weiten Bereichen der Gelenkfläche Werte von 500-900 HU.
Der Femur des Hundes DSH1 (Abb. 33 d-f) zeigte insgesamt höhere Dichtewerte als der Femur von Pudel2, erreichte aber auf der Trochlea ossis femoris ebenfalls nur 1500 HU.
Abb. 33: Vergleichende Darstellung der individuellen Knochendichteverteilung der
Facies articularis femoris von drei verschiedenen Hunden.
a – c: linker Femur eines Boxers, weiblich, 23 kg, Altersgruppe III (Hd 33)
d – f: linker Femur eines DSH, männlich, 25 kg, Altersgruppe II (Hd DSH1)
g – i: linker Femur eines Pudels-Mischlings, männlich, 8 kg, Altersgruppe III (Hd Pu2)
Von links nach rechts: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal.
3.2.1.1 Summationsbilder der Knochendichteverteilung – Femur
Mit der Software VTKCISG (vgl. Kapitel 2.3.5 Erstellung eines Summationsbildes) wurde die individuelle Knochendichteverteilung von 19 Femora übereinander projiziert und daraus eine mittlere Knochendichteverteilung gewonnen.
Die Verteilung der subchondralen Knochendichte auf den Femurgelenkflächen, zeigte sich weitgehend homogen. In der Trochlea ossis femoris fand sich bei allen untersuchten Präparaten proximal am Übergang zum Femurschaft eine nur geringgradige Knochendichte, die bei etwa 500 HU lag. Nach distal kam es zu einem kontinuierlichen Dichteanstieg, der seinen Maximalwert zentral in der Trochlea fand. Das Gebiet der absolut höchsten Dichte (dunkelgelbe Falschfarbe) erreichte im Schnitt Spitzenwerte von 1600 HU und war bei der Mittelwertdarstellung fast kreisförmig, aber nur relativ klein. Axial und abaxial zu den Randwülsten der Trochlea hin, nahm die Dichte wieder ab.
Ein weiteres Dichtemaximum fand sich im proximalen Abschnitt des Bogens der Incisura intercondylaris. Der Maximalwert in der Medianen nahm zu beiden Seiten hin ab. Die Femurkondylen zeigten ihre höchste Dichte an ihrer Umbiegestelle nach kaudal. Hierbei dominierte der laterale Kondylus, gekennzeichnet durch die gelbe Farbe mit Werten von 1500 HU, über dem medialen, der erkennbar durch die hellgrüne bis gelbe Falschfarbendarstellung, durchschnittlich nur 1400 HU erreichte.
Abb. 34: Farbkodierung der Hounsfieldeinheiten der Standardabweichung.
Neben die Darstellung der mittleren Knochendichteverteilung (Abb. 35) wurde die bildliche Darstellung der Standardabweichung positioniert. Die dominierende blaue und teilweise grüne Farbe, vor allem in den zentralen Bereichen des Femurs, verdeutlichte die verhältnismäßig geringe Abweichung der Dichteverteilung zwischen den individuellen Verteilungen. Eine größere Standardabweichung fand sich in den peripheren Randbereichen und hierbei vorwiegend kaudodistal in der Nähe der Ansatzstelle der beiden Sesambeine des M. gastrocnemius.
Abb. 35: Links, das aus den Mittelwerten aller 19 ausgewerteten Femora rekonstruierte
Objekt. Rechts, Darstellung der Standardabweichung der 19 ausgewerteten Femora.
(von oben nach unten: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal)
Mit Hilfe der Summationsbildererstellung bot sich auch die Möglichkeit, die untersuchten Hunde in verschieden Gruppen zu unterteilen und ein Mittelwertbild von jeder Gruppe zu erstellen. Es wurden eigene Summationsbilder für Tiere über (Abb. 36) und unter 15 kg (Abb. 37), sowie männliche (Abb. 38) und weibliche (Abb. 39) Hunde erstellt.
Abb. 36: Links, das aus den Mittelwerten aller 14 Hunde über 15 kg rekonstruierte
Objekt. Rechts, Darstellung der Standardabweichung der 14 Femora.
(von oben nach unten: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal)</s trong>
Abb. 37: Links, das aus den Mittelwerten aller 5 Hunde unter 15 kg rekonstruierte
Objekt. Rechts, Darstellung der Standardabweichung der 5 Femora.
(von oben nach unten: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal)
Abb. 38: Links, das aus den Mittelwerten aller 8 männlichen Hunde rekonstruierte
Objekt. Rechts, Darstellung der Standardabweichung der 8 Femora.
(von oben nach unten: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal)
Abb. 39: Links, das aus den Mittelwerten 11 weiblichen Hunde rekonstruierte Objekt.
Rechts, Darstellung der Standardabweichung der 11 Femora.
(von oben nach unten: Ansicht von kranial, kraniodistal und kaudal)
Signifikante Unterschiede waren aber nur in der Gruppe der 5 Hunde unter 15 kg Körpergewicht zu erkennen. Sie zeichneten sich auch durch eine große Heterogenität aus, wie mit Hilfe der Standardabweichungdarstellung gut zu erkennen war. Besonders im proximalen Trochleaabschnitt und auf dem lateralen Kondylus verdeutlichte die dominierenden Gelb- und Rottöne der Falschfarbendarstellung eine starke Variabilität der Individualdichteverteilung.
3.2.2 Tibia
3.2.2.1 Individualergebnisse der Knochendichteverteilung – Tibia
Bei der Bestimmung der Knochendichte in der Facies articularis tibiae wurden ebenfalls weitgehend einheitliche Verteilungsmuster gefunden, die sich aber in ihren individuellen quantitativen Dichtewerten zum Teil deutlich voneinander unterscheiden. Hierbei wurden Werte bis 2000 HU gemessen.
Abb. 40: Vergleichende Darstellung der individuellen Knochendichteverteilung der
Facies articularis tibiae von drei verschiedenen Hunden.
a: rechte Tibia eines Mischlings, männlich, 21 kg, Altersgruppe III (Hd 28)
b: linke Tibia eines DSH, männlich, 25 kg, Altersgruppe II (Hd DSH)
c: linke Tibia eines Airdale Terriers, männlich, 26,5 kg, Altersgruppe III (Hd 39).
Ansicht der Tibiagelenkfläche.
3.2.2.2 Summationsbilder der Knochendichteverteilung – Tibia
Bei der Dichteverteilung der Tibia fielen vor allem die höheren Dichtewerte im Vergleich zum Femur auf (Abb. 41). Auf beiden Kondylen dominierten die Farben gelb und orange und stellten Dichtewerte in Höhe von 1600 bis 1800 HU dar. Am lateralen Kondylus fielt die Knochendichte konzentrisch vom Zentrum zur Peripherie hin ab. Am medialen Kondylus war die höchste Dichte ebenfalls zentral, war in ihrer Form aber länglich über die gesamte kraniokaudale Ausdehnung der Gelenkfläche ausgebreitet. Die Standardabweichung der Dichtewerte der einzelnen im Summationsbild enthaltenen Individualmesswerten war in den zentralen Bereichen gering und stieg am lateralen Kondylus nur im Areal der Eminentia intercondylaris an, am medialen Kondylus zeigten sich die Randbereiche heterogen.
Abb. 41: Mittelwert (a) aller 20 Tibiae und Standardabweichung
(b). Ansicht der Tibiagelenkfläche.
Abb. 42: Mittelwert aller 12 Tibiae über 15 kg und Standardabweichung.
Ansicht der Tibiagelenkfläche.
Ähnlich wie beim Femur fiel auch bei der Untersuchung der verschiedenen Gruppensummationsbilder der Tibia die Gruppe der 6 Tiere unter 15 kg Körpergewicht auf (Abb. 43). Dabei war einmal die insgesamt höhere Knochendichte mit höheren Maximalwerten bis 1900 HU zu benennen. Ebenso zeigte hier die Darstellung der Standardabweichung eine inhomogene Dichteverteilung, ganz besonders in den Randbereichen des medialen Kondylus mit Werten bis zu 600 HU.
Abb. 43: Mittelwert (a) aller 6 Tibiae unter 15 kg und Standardabweichung
(b). Ansicht der Tibiagelenkfläche.
Abb. 44: Mittelwert (a) aller 9 männlichen Tibiae und Standardabweichung
(b). Ansicht der Tibiagelenkfläche.
Abb. 45: Mittelwert (a) aller 11 weiblichen Tibiae und Standardabweichung
(b). Ansicht der Tibiagelenkfläche.
3.2.3 Patella
3.2.3.1 Individualergebnisse der Knochendichteverteilung – Patella
Die Verteilung der Knochendichte in der Patella zeigte sich sehr uneinheitlich, sowohl, was die qualitative Verteilung, als auch die quantitativ bestimmten Dichtewerte betraf. Die untersuchten Gelenkflächen zeigten ihr Dichtemaximum teilweise deutlich in der Apex patellae (Abb. 46a), während andere Präparate in diesem Bereich ihre geringste Dichte aufwiesen (Abb. 46b u. c) und das Maximum mehr zentral gelegen hatten.
Abb. 46: Vergleichende Darstellung der auf das, Normgelenk projizierten individuellen
Knochendichteverteilung der Facies articularis tibiae von drei verschiedenen Hunden.
a: rechte Tibia eine
s Mischlings, männlich, 21 kg, Altersgruppe III (Hund 28)
b: linke Tibia eines DSH, männlich, 25 kg, Altersgruppe II (Hund DSH1)
c: linke Tibia eines Airdale Terriers, männlich, 26,5 kg, Altersgruppe III (Hund 39).
Ansicht der Patellagelenkfläche.
3.2.3.2 Summationsbilder der Knochendichteverteilung – Patella
Bei der Erstellung der Summationsbilder der Patella standen 15 Präparate zur Verfügung. Die anderen Patellae konnten mit dem Programm VTKCISG nicht erfolgreich gematcht werden. Ein Summationsbild von Hunden unter 15 kg Körpergewicht konnte aus diesem Grund nicht gebildet werden.
Einheitlich zeigten sich die untersuchten Patellae vorallem im zentralen Bereich ihrer Gelenkfläche. Dort erreichten sie ihre höchsten Dichtewerte von 1400 HU, was aber deutlich unter den gemessenen Maximalwerten von Femur und Tibia liegt. In diesem Bereich zeigte die Darstellung der Standardabweichung auch nur eine geringe Abweichungsbreite, wohingegen Peripherie und hierbei ganz besonders die Apex patellae mit orange bis roten Falschfarben eine starke Inhomogenität verdeutlichte (Abb. 47). Besonders das Summationsbild der männlichen Hunde (Abb. 49) zeigte eine starke Variabilität der Knochendichteverteilung der Patella.
Abb. 47: Mittelwert (a) aller 15 Patellae und Standardabweichung
(b). Ansicht der linken PatellagelenkflÄche.
Abb. 48: Mittelwert (a) aller 12 Patellae über 15 kg und Standardabweichung
(b). Ansicht der linken Patellagelenkfläche.
Abb. 49: Mittelwert (a) aller 5 männlichen Patellae und Standardabweichung
(b). Ansicht der linken PatellagelenkflÄche.
Abb. 50: Mittelwert (a) aller 10 weiblichen Patellae und Standardabweichung
(b). Ansicht der linken Patellagelenkfläche.
E. Diskussion
1. Knorpel- und Knochenspaltlinien
1.1 Diskussion der Methode – Spaltlinien
Die Darstellung der Knorpel- und Knochenspaltlinien haben sich auch in diesem Untersuchungskontext am Kniegelenk des Hundes als geeignet erwiesen.
In einem Gelenk treten neben Druck- auch Dehnungsspannungen auf. Sie stellen sich als Zug- und Biegespannungen dar und ziehen eine Ausrichtung der Kollagenfasern sowohl im Gelenkknorpel als auch in der subchondralen Knochenplatte entsprechend ihrer Richtung nach sich. Dass die Vorzugsrichtung der dreidimensionalen Struktur der Kollagenfasern durch künstliches Anfärben der erzeugten Spaltlinien dargestellt werden kann, wurde von verschiedenen Autoren hinlänglich untersucht (Benninghoff, 1925; Bullough und Goodfellow, 1968; Hultkrantz, 1898; Schön, 2000) und durch rasterelektronenmikroskopische Studien von Jeffrey et al. (1991) bestätigt. Die Vorzugsrichtungen der Kollagenfasern im Gelenkknorpel und -knochen ließen sich erstmals mit Hilfe der Spaltlinienmethode am Kniegelenk des Hundes eindeutig aufzeigen. Allerdings musste die exakt senkrechte Stichrichtung der Nadel konsequent eingehalten werden, um keine Artefakte, nämlich künstliche Spaltlinien, zu erzeugen. Für die Knorpelspaltlinien eigneten sich nur ganz frisch präparierte Gelenke, da bei längerem Luftkontakt die Gelenkknorpel relativ schnell austrocknen. Dadurch lässt der Gewebedruck kontinuierlich nach und die klare Darstellung der Knorpelspaltlinien nimmt ab.
Bei der Darstellung der Knochenspaltlinien zeigte sich als größte Schwierigkeit den optimalen Zeitpunkt der Entmineralisierung der Knochen abzupassen. Die Entkalkung der Knochen in Salpetersäure (HNO3) beanspruchte individuell unterschiedlich lange Dauer, in Abhängigkeit des Alters des Tieres und dem daraus folgenden Mineralisierungsgrad des Knochens. Subjektiv entstand der Eindruck, dass die Mineralisierung des Knochens mit zunehmendem Alter steigt. So waren die Knochen von Hund W2-13 und W2-24 (beide Altersgruppe II, mit unter 4 Jahren) deutlich schneller entkalkt als bei den Präparaten W2-2, -3, und -12 (alle Altersgruppe IV, mit etwa 10 Jahren). Der Knochen wurde in gummiartiger Konsistenz aus der Entkalkungslösung genommen. Wurde dieser Zeitpunkt geringgradig überschritten, konnten die Spaltlinien nur noch unzureichend dargestellt werden, da die Tinte im hydrolysierten Gewebe zerfloss. Dies konnte jedoch bei den 9 ausgewerteten Präparaten verhindert werden, die Proben wurden rechtzeitig entnommen und untersucht.
Dieses Problem wurde durch die regional unterschiedliche Mineralisierung der subchondralen Knochenplatte erhöht. Sie konnte subjektiv durch den zum Einstich der Nadel unterschiedlich großen benötigten Druck nachvollzogen werden. Während die Entkalkung in besonders harten Bereichen der subchondralen Knochenplatte für die Untersuchung noch unzureichend war, war der erwünschte Zustand in benachbarten weniger stark mineralisierten Arealen schon überschritten. Aus diesem Grund mussten die entsprechenden Proben noch einmal weiter entmineralisiert werden und die jeweiligen Bezirke anschließend nochmals untersucht werden. Die mit Gelenkknorpel überzogenen Bereiche der Eminentia intercondylaris tibiae zeigten sich nach subjektivem Empfinden als besonders stark mineralisiert. Auch die Patella zeichnete sich regelmäßig durch eine hohe Knochendichte aus. Weiterhin war in der Tiefe der Trochlea femoris ein höherer Einstichdruck auf die Nadel nötig. Dagegen zeichnete sich der proximale Bereich der Trochlea femoris am Übergang zum Femurschaft durch wenig Härte aus. Aus diesem Grund erlaubten die genannten Schwierigkeiten nur die Auswertung von 9 Präparaten, während bei den Knorpelspaltlinien 21 Gelenke erfolgreich beurteilt werden konnten. Die subjektiven Eindrücke der unterschiedlichen Knochenhärte korrelieren sehr gut mit den CT-OAM Befunden.
Jeffrey et al. (1991) konnten mit ihren ultrastrukturellen Untersuchungen genauso wie Akizuki et al. (1986) durch ihre biomechanischen Studien den Zusammenhang zwischen der Ausrichtung der Spaltlinien und den Vorzugsrichtungen der Kollagenfasern bestätigen.
Deshalb beruht diese Untersuchung auf der Tatsache, dass die Vorzugsrichtung der subchondralen Spaltlinien der bevorzugten Orientierung der Kollagenfasern entspricht und weiterhin Ausdruck der funktionellen Anpassung an die langandauernde Zugspannung im subchondralen Knochen ist, die vorwiegend durch die Biegung des konkaven Gelenkanteils bei der Druckübertragung erzeugt wird.
1.2 Diskussion der Ergebnisse – Spaltlinien
Wie aus den Ergebnissen früherer ähnlicher Untersuchungen an anderen Gelenken (Dickomeit, 2002; Eller, 2003; Lieser, 2003; Schön, 2000) an der subchondralen Knochenplatte und dem darüber liegenden Knorpel zu erwarten war, wurden auch hier keine exakt übereinstimmenden Vorzugsrichtungen de
r Spaltlinien in den beiden Schichten gefunden. Die größere Elastizität des Knorpels und damit stärkere Deformation gegenüber dem Knochen werden darin als Ursache gesehen.
Die Ergebnisse der Knorpelspaltlinien von Hultkrantz (1898) und Meachim et al. (1974) am humanen Tibiaplateau und den Femurkondylen waren im Gegensatz zur Patella weitgehend vergleichbar. Die von Hehne et al. (1981) beschriebenen attraktiven singulären Punkte mit konzentrischen Spaltlinien in meniskusfreien Bereichen, die er als Ausdruck hoher Druckbelastung wertet, konnten in den untersuchten kaninen Kniegelenken nicht nachvollzogen werden. Die von ihm beschriebene Divergenz in peripheren, von Menisken bedeckten Bereichen – seiner Meinung nach ein Zeichen verringerter Druckbelastung – konnten allerdings bestätigt werden. Diese strahlenförmige Divergenz im Tibiaplateau wurde schon von Hultkrantz (1898) beschrieben.
Bei physiologisch inkongruenten Gelenken mit tiefer Gelenkpfanne und konvexem Partner wie Femur- und Humeruskopf an Hüft- und Schultergelenk, fanden weder Vogt et al. (1999) am humanen, noch Eller (2003) am kaninen Caput humeri bzw. femoris eine Vorzugsrichtung der Spaltlinien. Dies begründeten sie mit der guten knöchernen Abstützung unter der Gelenkfläche und damit fehlender Biegung während der Druckübertragung.
Am Kniegelenk des Hundes wurde sowohl im konkaven Partner Tibiaplateau als auch auf den konvexen Femurkondylen eine Vorzugsrichtung gefunden. Entsprechendes fanden bereits Dietmair et al. (1999) bei ihren Untersuchungen an den Hand- und Fußgelenken. Sie betonten, dass nicht allein die Form (konvex – konkav), sondern auch die knöcherne Abstützung von Bedeutung sind. Sie konnten nämlich auch im konvexen Gelenkpartner eine Spaltlinienvorzugsrichtung aufzeigen.
Anders verhält es sich in der Art. femoropatellaris. In der konkaven Trochlea femoris ist ein nahezu einheitliches Spaltlinienbild sowohl im Knorpel als auch im Knochen zu beschreiben. Dagegen wurde in der konvexen Patella nur eine sehr undeutliche Ausprägung einer Vorzugsrichtung im Spaltlinienmuster gefunden. Nur die kranzförmigen Spalten in der Peripherie der Gelenkfläche traten bei der Untersuchung der Knochenspaltlinien in mehreren Fällen auf. Das lässt darauf schließen, dass hier kaum langfristige Dehnungsspannungen mit einer Hauptrichtung auftreten. Bereiche ohne Vorzugsrichtung der Spaltlinien werden keinen regelmäßigen Zugspannungen ausgesetzt. Die Belastung wirkt hier als Kompression was keinen zielgerichteten Verlauf der Kollagenfaser nach sich zieht.
Das häufigste gefundene Knorpelspaltlinienmuster der Patella – wie im Summationsbild (Abb. 22) dargestellt – zeigt eine sagittale Spaltlinienvorzugsrichtung an den beiden Polen der Patella und einen horizontalen Verlauf im zentralen Bereich. Die horizontale Vorzugsrichtung könnte damit erklärt werden, dass in einer tiefen Trochlea ossis femoris nur wenig Berührungsfläche zwischen Patella und Os femoris vorliegt und somit auch nur geringfügige Druckkräfte auf die Patella einwirken. Dafür entstehen aber Biegekräfte zwischen lateraler und medialer Begrenzung der Patella, wo ein engerer Kontakt und höhere Druckkräfte zwischen der Trochlea ossis femoris und der Patella herrschen. Anders könnte es sich aber zwischen proximalem und distalem Patellapol verhalten. Hier entstehen Zugkräfte in sagittaler Richtung. Die Spaltlinien richten sich sagittal aus.
Die transversale Ausrichtung der Spaltlinien im Tibiaplateau lässt sich als Zeichen einer Dehnungsspannung beurteilen. Die gesamte, erst durch die Form der Menisken konkave Oberfläche, scheint in ihrer ganzen Fläche während der Druckübernahme in der Stützbeinphase aufgespreizt, seitlich weggebogen zu werden, wodurch es zu einer Biegespannung kommen könnte.
Die radiäre Verteilung der Spaltlinien um die Incisura intercondylaris femoris weist auf ein Auseinanderdehnen der Femurkondylen in der Belastung hin.
2. CTOAM
2.1 Diskussion der Methode – CTOAM
In dieser Arbeit wurden erstmals Untersuchungen zur physiologischen Verteilung der subchondralen Knochendichte am kaninen Kniegelenk durchgeführt. Wie von Pauwels (1960) in seiner Hypothese der „kausalen Histiogenese” dargestellt, passt sich die subchondrale Knochenplatte wie alle Gewebe an die Art und Größe ihrer Belastung an. Nach zuvor ausschließlich eingesetzten in-vitro-Verfahren, brachte die von Müller-Gerbl et al.(1990) entwickelte CTOAM den Durchbruch für den Einsatz am lebenden Patienten. Müller-Gerbl (1991) verglich die etablierte Methode der Röntgendensitometrie mit der neuen CT-Osteoabsorptiometrie und zeigte, dass beide Wege zum selben Ergebnis führen. Der mit dem CT ermittelte Hounsfieldwert, stellt die unterschiedlichen Mineralsalzkonzentrationen im subchondralen Knochen dar. Hierbei handelt es sich allerdings nur um den Vergleich relativer Werte in ihrer Lage zueinander und nicht um Absolutwerte.
Um die einzelnen Messergebnisse und die Lage der Dichteverteilung wirklich miteinander vergleichen zu können, wurden alle Individualdatensätze auf ein Normgelenk angepasst. Dafür wurde aus allen untersuchten Präparaten subjektiv ein Knochen mit „durchschnittlicher“ Form ausgewählt. Als Kriterium sollten keine besonderen Auffälligkeiten wie extreme Dimensionen oder andere individuelle Eigenheiten von einem Hund mittlerer Größe vorhanden sein. Nach diesem Maßstab wurde jeweils eine Normtibia, -patella sowie ein Femur ausgewählt. Dies verbessert das Ergebnis – bei kürzerer Rechenzeit – bei der Erstellung des Summationsbildes. Jeder Individualdatensatz wird auf den jeweiligen Normknochen als Zieldatensatz projiziert. Dazu war aber zunächst immer eine manuelle Voranpassung nötig. Wurde diese nicht konsequent durchgeführt, konnte kein akzeptables Ergebnis erzielt werden. Die größten Probleme traten bei dem Programm VTK-CISG mit der Gruppe der Kleinhunde mit einem Gewicht von 2,5 bis 10,5 kg auf. Durch die Dehnungsvorgänge fehlten nach der Anpassung in allen Fällen medial und lateral am Knochen die seitlichen Konturen. Aus diesem Grund konnten nicht alle im CT gemessenen Knochenpräparate einer statistischen Auswertung zugeführt werden. An der kleinen Patella traten in dieser Gruppe Probleme beim Anpassungsvorgang auf und blieben ohne Ergebnis.
VTK-CISG versucht den gesamten Datensatz optimal anzupassen. Daraus folgend gab es regelmäßig Schwierigkeiten, dass das Programm bei der Adaption von dem für diese Untersuchung nicht benötigten Knochenschaft oder im Fall der Patella an die, der Gelenkfläche gegenüberliegende Kompakta ausging. Dabei erhält man für das Untersuchungsziel der subchondralen Knochenplatte ungeeignete Ergebnisse. Es dürften einfachere Ergebnisse erwartet werden, wenn man digital die interessanten Bereiche, also die Gelenkflächen auswählen könnte, und nur diese gematcht würden.
Vorteilhaft erwies sich die einheitliche Lagerung aller Präparate im CT. Dies gewährleistete vergleichbare Schnitte in der Tomographie. Beim Matchen steht dem Programm nur die vorhandene Schnittzahl des Zieldatensatz zur Verfügung. Bei einer ähnlichen Größe der untersuchten Objekte und bei gleicher Lagerung entstehen schon beim Scannen ähnliche Schnittbilder, die beim Matchen verhältnismäßig leicht an den Zieldatensatz angepasst werden können, während bei uneinheitlicher Lagerung andere Schnittebenen und damit Bilder entstehen, die das Programm nur unzureichend ane
inander anpassen kann.
Bei den Patellae der Hunde unter 15 kg wurden keine Ergebnisse mit dem Programm VTKCISG erzielt, die Zahl der im CT entstandenen Schnitte war zu gering, um ein Anpassen an den zieldatensatz zu ermöglichen.
2.2 Diskussion der Ergebnisse – CTOAM
Im Vergleich der drei am Kniegelenk beteiligten Knochen fällt zunächst die höhere Knochendichte der Tibiakondylen im Vergleich zu Femurkondylen und ganz besonders Patella auf. Simkin et al. (1980) fand bei Untersuchungen an humanen Gelenken ebenfalls regelmäßig eine höhere Knochendichte beim konkaven als beim konvexen Gelenkpartner. Dies wurde schon von Eller (2003) bei Untersuchungen an der kaninen Schulter bestätigt. Die Knochendichte in der subchondralen Knochenplatte ist als Spiegel der Langzeitbelastung der Gelenkfläche zu sehen. Sie reagiert auf die auf sie einwirkenden Druck- und Dehnungsspannungen mit Zunahme ihrer Dichte. Aus dieser Kenntnis kann auf die Belastungssituation im Kniegelenk geschlossen werden. Die hohe Dichte in den zentralen Bereichen der Tibiakondylen mit ähnlichen Dichtewerten zwischen medialer und lateraler Seite kann so als Ausdruck einer Hauptbelastung in dieser Region mit relativ ausgeglichener Belastung des medialen und lateralen Kondylus gesehen werden. Analoges gilt in der Art. femoropatellaris, mit einer hohen Dichte in der konkaven Trochlea femoris und nur geringer Dichte in der konvexen Facies articularis der Patella. Das Dichtemaximum im Zentrum der Trochlea lässt auf einen maximalen und vorwiegenden Druck der Patella auf den Femur in diesem Bereich schließen.
Im Vergleich der Summationsbilder konnten keine deutlich erkennbaren Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen beschrieben werden. Ein Unterschied der Knochendichteverteilung zwischen männlichen und weiblichen Tieren war subjektiv nicht zu erkennen. Beim Vergleich der Tiere über und unter 15 kg Körpergewicht zeigten sich bei der Mittelwertsbildung keine deutlichen Unterschiede. Da der größte Anteil der untersuchten Hunde mittleren und höheren Alters war und keine juvenilen Hunde zur Verfügung standen, war ein Vergleich der Knochendichteverteilung zwischen alten und jungen Hunde nicht möglich.
Obwohl sich die unterschiedlichen Summationsbilder der verschiedenen Gruppen nur in geringem Maße voneinander unterscheiden, zeigten sich sehr deutliche individuelle Unterschiede im Verteilungsmuster, aber ganz besonders in den gemessenen Hounsfieldwerten. Besonders deutlich ausgeprägte individuelle Dichteunterschiede mit großer Standardabweichung zeigten sich an der Patella. Während in einzelnen Gelenken Spitzenwerte bis 2000 HU (rot) gemessen wurden, erreichten andere Präparate nur 1400 HU (hellgrün). Dies konnte keiner phänotypischen Eigenschaft zugeschrieben werden, da die Schwankungen zwischen Tieren ähnlichen Gewichts (20-25 kg), gleichen Geschlechts und Alters ebenso auftraten, wie im Vergleich zwischen Hunden erheblicher Größenunterschiede (2,5-28 kg Körpergewicht). Da vom Vorbericht der untersuchten Hunde keine Krankheitsvorgeschichte oder der Grund der Euthanasie bekannt ist, können nur klinisch und visuell erkennbaren Gelenksveränderungen, die eine längerfristig veränderte Belastungssitutation des Gelenks bewirken könnten, ausgeschlossen werden.
Die unterschiedliche Verteilung der maximalen Knochendichte zwischen den Tibiakondylen legt auch eine abweichende langfristige Belastungssituation nahe. Der mediale Kondylus ist demnach deutlich höher belastet. Der mediale Meniskus ist größer und vergleichsweise weniger beweglich mit der Tibia verbunden als der laterale. Dieser Meniskus kann daher bei Belastung weniger gut ausweichen und überträgt dementsprechend eine größere Last im Vergleich zur lateralen Seite.
Der laterale Meniskus dagegen ist kleiner und deutlich besser beweglich. Dieser kann daher während der Lastübertragung besser ausweichen, weswegen sich die Gelenkreaktionskraft auf dieser Seite des Gelenks weniger gut verteilen kann und punktuell weiter geleitet wird. Die daraus resultierende eng umschriebene Lasteinleitung führt zu einer entsprechenden Ausprägung der subchondralen Knochendichte.
In Übereinstimmung mit den Arbeiten von (Bruns et al., 1994) können die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung einer medial dominierenden Lastübertragung bestätigen.
In Übereinstimmung mit früheren Untersuchungen am Ellbogen (Maierl, 2003), der Hüfte (Lieser, 2003) und dem Schultergelenk (Eller, 2003) des Hundes lies sich auch am Kniegelenk der allgemeine Zusammenhang beschreiben, dass in Summationsbildern Bereiche mit hoher Knochendichte nur eine geringe Standardabweichung aufweisen. Dies lässt den Schluss zu, dass zumindest die Bereiche mit hoher Belastung aller Rassen – trotz der damit verbundenen unterschiedlichen phänotypischen Ausprägung – einer „Standardbelastungssituation“ in den Gelenken unterliegen. Lediglich die Randbereiche, mit in der Regel niedriger Knochendichte, weisen zum Teil eine erhebliche Standardabweichung auf.
2.4 Torsions- und Rotationsmessung
Bei der Untersuchung der Femurtorsion ergaben sich niedrigere Messergebnisse als bei Löer (1998).
Er beschreibt in seinen Kontrollgruppen einen ATW von 33,8º bei größeren bzw. 33,2º bei kleinen kniegesunden Hunde während bei den vorliegenden Untersuchungen ein Mittelwert von 19,0º gefunden wurde. Dieser Wert liegt sogar noch deutlich unter dem von Löer (1998) gefundenen Wert für pathologische Kniegelenke von durchschnittlich 23º. Die Spanne zwischen minimalen und maximalen Werten bewegten sich in seiner Studie zwischen 17º und 50º, während in unseren Untersuchungen eine geringere Streuungsbreite von 11,5º bis 28,0º auftrat. Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich aber noch als die biologische Variabilität beschreiben, die durch die erhebliche Rassenvielfalt begründet werden kann.
Auch die Ergebnisse der femorotibialen Rotation divergieren erheblich von diesen zu seinen Messergebnissen. So fand er eine durchschnittliche FTR von 3,2° wohingegen hier eine mittlere Rotation von 8,1º zu beschreiben ist. Die allgemeine Tendenz zur Außenrotation (bei 17 von 18 aller untersuchten Hunde, 94,4%) und das seltene Auftreten einer Innenrotation (bei 1 von 18, 5,6%) bei adspektorisch kniegesunden Hunden konnte dagegen bestätigt werden. Obwohl die Hunde weder im Stand noch in Bewegung untersucht werden konnten, sind Gang- und Stellungsanomalien im Untersuchungsgut nahezu sicher auszuschließen, da eine sorgfältige Adspektion und Präparation durchgeführt wurde und dabei keine Hinweise auf Veränderungen gefunden werden konnten.
Mit Hilfe der Rotations- und Torsionsbestimmung konnte darüber hinaus bestätigt werden, dass die im CT untersuchten Hunde hinsichtlich der Achsenstellung ebenfalls als physiologisch zu werten sind, die CT-OAM unserer Untersuchung also Ergebnisse kniegesunder Tiere lieferten.
3. Kontaktflächen
3.1 Kontaktflächen – Versuchsaufbau
Erstmals konnten im Rahmen dieser Dissertation die Kontaktflächen am Kniegelenk des Hundes mit Hilfe eines Abdruckverfahrens bestimmt.
Das Kniegelenk sollte mit der Materialprüfmaschine der Firma Zwick, Ulm steigender Belastung ausgesetzt werden und die Kontaktflächen zunächst mit Silikonabdrücken und des Weiteren mit einem drucksensitiven Film bestimmt werden. Dazu müssen die Enden der beteiligten Knochen, also das distale Ende der Tibia und das proximale Femurende in den Druckbechern des Gerätes fixiert werden. Da
für werden diese Enden mit Hilfe von Schnellzement einzementiert. Es sollten möglichst viele Strukturen geschont und erhalten werden, um die tatsächlichen Verhältnisse optimal zu simulieren.
Nach mehreren Versuchen dies mittels Seilzügen zu erreichen, entwickelten wir die Methode, eine Schablone aus Kunststoff an Os femoris und Tibia festzuschrauben. Durch die starke Fixation der beiden Gelenkanteile waren die Kreuzbänder als Gegenspieler des kranialen Tibiaschubs nicht mehr nötig.
Zur Erstellung der Schablone und Einbettung des Präparates mussten zunächst aber die wirkenden Kräfte berechnet werden. Die Richtung der Gelenkreaktionskraft Fg lässt sich über die Arcussinus-Funktion aus den einzelnen Kraftkomponenten (Fkx, Fky und Fkz) berechnen. Der Betrag der Gelenkreaktionskraft Fg lässt sich aus den drei Komponenten Fkx, Fky und Fkz über Satz des Pythagoras berechnen.
Nach den Berechnungen muss Fkz in der Sagittalebene um rund 6° nach kranial geneigt, in der Transversalebene um rund 2° nach lateral gekippt werden. Da der Rahmen der Messgenauigkeit damit überschritten würde, wurde für die weiteren Untersuchungen nur der Winkel in der Sagittalebene berücksichtigt, die Neigung in der Transversalebene um 2° wurde vernachlässigt. Da das Gelenk stets erst nach der Einbettung exartikuliert wurde, ist eine Fehlbelastung durch Verkippung der Gelenkanteile ausgeschlossen.
Die Größe und Richtung der Gelenkreaktionskraft wurde aus der Arbeit von (Shahar, 2002) übernommen. Dabei gehen die Muskelkräfte und ihre Richtung sowie die Beschleunigungs- und Bremskräfte der Gliedmaßenabschnitte in die Berechnung ein. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Gelenkskraft auf 250 % des Körpergewichts erhöht und beträgt damit in der höchsten Stufe mehr als das Doppelte der maximalen Messergebnisse von Off (1997) und Leach (1989), die 120 % des Körpergewichts im Schritt ermittelten. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bei schnelleren Gangarten die Gelenkreaktionskraft entsprechend deutlich höher liegt.
Eine noch höhere Belastung überforderte die Fixation durch den Zement, die Knochen wurden aus ihrer Halterung gebrochen.
Große Schwierigkeiten bereitete uns der Versuchsaufbau mit möglichst physiologischen biomechanischen Verhältnissen. Neben den Kreuz- und Seitenbänder, sollte die Patella im M. quadriceps bleiben, um den Quadrizepszug mitbeachten zu können und die Situation des kranialen Tibiaschubs (cranial tibial thrust) (Slocum und Devine, 1983; Slocum, 1984) in der Belastung aufrecht zu halten. Trotz mehrfacher Versuche gelang es uns nicht, die Patella im M. quadriceps so zu fixieren, dass 1. Der Muskel nicht ausreisst und 2. die Zugrichtung des Muskels, also der Q-Winkel, erhalten bleibt und die Patella in physiologischer Position auf der Trochlea femoris läuft. Dabei muss auch noch der zuvor aus der Literatur ermittelte durchschnittliche Winkel von 130° (Addis, 1971; Adrian et al., 1966; Dyce, 1952; Lott, 1988, 1990; Unkel-Mohrmann, 1999) eingehalten werden.
Die Lösung mit der angeschraubten Schablone und den einzementierten Gelenksenden erlaubte uns allerdings eine physiologische Simulation der Gelenkssituation im Bezug auf die Art. femorotibialis, wohingegen die Art. femoropatellaris nicht untersucht werden konnte.
3.2 Diskussion der Methode – Silikonabdrücke
Die schon von verschieden Autoren (Eller, 2003; Lieser, 2003; Preston et al., 2000; Stormont et al., 1985) eingesetzte Methode der Silikonabdrücke zeichnet sich durch relativ leichte Handhabung aus. Die zwei Komponenten der Silikonmasse müssen gut miteinander vermischt werden und dann in den Gelenkspalt auf die zuvor befeuchteten Knochenenden aufgetragen werden. Nach der Belastung und Aushärtung der Masse, kann der Gelenkabdruck leicht und ohne Verklebungsverluste mit klar umrandeten Kontaktflächen aus dem Gelenk entfernt werden. Mit dieser bewährten Methode kann zwar sowohl die Lage, als auch die Größe der Kontaktstelle gut ermittelt werden, eine Aussage über die Druckverteilung in der Kontaktstelle ist damit aber nicht möglich.
3.3 Diskussion der Ergebnisse – Silikonabdrücke
Die Größe der Kontaktflächen nahm mit steigender Belastung zu. Bei der untersuchten Gelenkwinkelung, die der aus der Literatur entnommenen Normalwinkelung der Gelenke im Stand entspricht, war immer nur ein Teil der Gesamtgelenkfläche auch Kontaktfläche. Im Zuge des Schrittzyklus ändert sich der Winkel im Kniegelenk während der Standphase nur vergleichweise wenig von ca. 140° auf ca. 125° (Hottinger et al., 1996). Aus diesem Grund stellt die in der vorliegenden Untersuchung verwendete Winkelung von 130° einen mittleren Wert dar. Die ermittelten Kontaktflächen ergeben daher für einen relativ langen Abschnitt der Standphase ein repräsentatives Ergebnis. Darüber hinaus werden genau in dieser Winkelung die höchsten Werte der Bodenreaktions- und damit der Gelenkkraft erreicht.
3.4 Diskussion der Methode – Druckfilme
Um die Lücke der absoluten Druckverteilung bei der Kontaktstellenermittlung mit Silikonabdrücken zu schließen, wurde als weiterer Versuch die Bestimmung mit drucksensitiven Filmen der Firma Fuji angewandt. Frühere Versuche an anderen Gelenken von Tier und Mensch bestätigen die Qualität dieser Methode (Athesian et al., 1994a; Fukubayashi und Kurosawa, 1983; Hehne et al., 1981a; Kazuki et al., 1990).
Um keine knitterungsbedingten Artefakte zu erzeugen, musste ein faltenfreies Einlegen der Folien gewährleistet und deshalb zunächst über eine individuell angefertigte Schablone die Folien in die passende Form gebracht werden. Keilförmige Einschnitte über den gesamten Rand der Filme verteilt, erlauben eine Anpassung der starren Konsistenz der Folien an die konvexe bzw. konkave Gelenkform. Um den feuchtigkeitsempfindlichen Film zu schützen, wurde jeder einzeln in Zellophanfolie faltenfrei verpackt und sofort nach Versuchsende die beiden Komponenten (Farbstoff und Entwickler) wieder voneinander getrennt, um falsche, nachträglich künstlich entstandene Kontaktstellen, also Artefakte zu verhindern.
Da die Filme mit der Zeit nachdunkeln, wurden sie nach Abschluss der Druckversuche sofort eingescannt und anschließend ausgewertet.
Im Gegensatz zu den Silikonabdrücken muss bei den Filmen die endgültige Position der Gelenkflächen zueinander sofort erreicht sein, ein Hineingleiten in die Endposition würde an der initialen Kontaktstelle zu falschen Ergebnissen führen.
Beim Ergebnis zu beachten ist außerdem, dass die Eigendicke der Filme die Gelenkgeometrie geringgradig verändert und das Messergebnis bereits minimal verfälscht.
3.5 Diskussion der Ergebnisse – Druckfilme
Die mit Druckfilmen ermittelten Kontaktstellen waren stets kleiner gegenüber den Silikonabdrücken. Von dieser Erkenntnis wurde zuvor schon von Stormont et al. (1985) und Eller (2003) berichtet.
Bei Untersuchungen mit dem drucksensiblen Film am humanen Kniegelenk fanden Bruns et al. (1994), dass bei intakten Kreuz- und Seitenbändern das Druckmaximum während allen Kniegelenkswinkelungen immer auf dem medialen Tibiakondylus zu finden ist. Dieses Ergebnis kann durch unsere Untersuchungen beim Hund bestätigt werden.
Im Vergleich mit den Ergebnissen der subchondralen Knochendichte-Messung, zeigt sich eine Übereinstimmung der Lage der Dichtemaxima mit den in diesem Versuch erhaltenen Bereichen hoher Druckbelastung. Der Zusammenhang von hoher Belastung und daraus folgender hoher Mineralisierung der subchodralen Knochendichte konnte auch in unseren Messungen bestätigt werden.
F. Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit war es, die physiologische Belastungssituation im Kniegelenk des Hundes darzustellen. Dazu wurden die Kniegelenke von Hunden (männlich, weiblich) verschiedenen Alters und unterschiedlicher Größe und Rassen untersucht. Es wurden nur Tiere in die Studie eingeschlossen, deren Gelenke frei von makroskopischen Knorpelschäden und arthrotischen Knochenzubildungen waren. Mit Hilfe der Spaltliniendarstellung konnte die Vorzugsrichtung der Kollagenfasern im Gelenkknorpel und im subchondralen Knochen als morphologisches Korrelat für Dehnungsspannungen nachgewiesen werden. Zur Untersuchung der Kontaktstellen der Art. femorotibialis wurde in Druckversuchen mit stufenweise ansteigender Kraft Silikonabdrücke angefertigt und mit Druckfilmen, die auftretenden Gelenkdrücke quantitativ bestimmt. Zur Beurteilung der Langzeitbelastung des Gelenks wurde die subchondrale Knochendichte bestimmt. Die CT-Daten der gescannten Gelenke wurden mit der CTOAM (CT-Osteoabsorptiometrie) ausgewertet. Mit Hilfe der Bildregistrierung konnten alle Individualdatensätze auf ein Normgelenk projiziert werden und durch Übereinanderlagern ein Summationsbild mit der durchschnittlichen Knochendichteverteilung gewonnen werden.
Die radiäre Orientierung der Spaltlinien auf der Tibia und die sagittale Verlaufsrichtung auf der Trochlea ossis femoris lässt auf dominierende Dehnungsspannungen schließen, wohingegen die teilweise spaltlinienfreien Bereiche der Patella als ein Zeichen dort auftetender Druckbelastung zu werten sind. Das sehr uneinheitliche Spaltlinienmuster auf den untersuchten Patellae lässt auf unterschiedliche individuelle Belastungssituationen in der Art. femoro-patellaris schließen.
Die Druckversuche gaben bei kontinuierlichem Kraftanstieg keine lineare Vergrößerung der Kontaktflächen, sondern zeigten nach einem deutlichen Anstieg während der niedrigen Belastungsstufen (25-50% des Körpergewichts) in der mittleren Belastung ein Plateau und erst bei hoher Belastung (200-250% des Körpergewichts) eine erneute deutliche Größenzunahme. Bei der Untersuchung mit drucksensiblen Filmen wurden im Vergleich kleinere Kontaktflächen gefunden.
Die Knochendichteverteilung in der Tibia- und Femurgelenkfläche zeigen jeweils auf den Kondylen ein zentrales Dichtemaximum. Die konkave Facies articularis tibiae zeigt eine höhere Knochendichte als die korrespondierenden konvexen Femurkondylen. Die mittlere Knochendichte der Patella erreicht diese Werte nicht.
G. Summary
An anatomical and biomechanical analysis of the canine stifle joint (articulatio genus)
The objective of this study was to show the physiological situation of loading in the canine stifle joint. Therefore stifle joints of male and female dogs of different age, weight and breed were examined. Prerequisite was an articulation without any visible damages of the articular cartilage and without arthrotic periarticular exostosis.
The orientation of collagen fibres as an evidence of tensile stress was determined by split lines in articular cartilage and subchondral bone.
In order to analyse the topographical position and the size of contact areas in the femorotibial joint in-vitro studies with stepwise increased compressive force were carried out. Therefore silicon casts were produced to measure the contact area. Additionally the joint pressure could be estimated quantitatively by pressure sensitive film.
In order to investigate the longterm stress on different areas in the articulation the subchondral bone density has been determined. Articulations have been scanned in the CT and data evaluated with the method of CT-osteoabsorptiometry. With the method of image registration it was possible to match individual CT-datasets onto a joint template. Thus the mean bone density of the stifle joint could be calculated.
The radial orientation of the tibial cartilage and bone splits as well as the sagittal alignment on the trochlea ossis femoris are an evidence of tensile stress during loading. On the patella in some areas no clear pattern of collagen fibre orientation could be determined. This is an evidence of a predominantly compressive loading. From the very non-uniform pattern of the patellar cartilage and bone splits it follows that there is a great individual variability in the loading situation of the femoro-patellar articulation.
Contact areas increased with higher joint reaction forces applied in the in-vitro testing. The pressure studies with continuously increasing force showed a stepped increase of the contact areas with a steep enhancement under low loading force (25- 50% body weight). Overall contact area reaches a plateau in medium loading steps and a second steep increase can be observed under high joint reaction forces (200- 250% body weight). Pressure sensitive film technique demonstrated an inhomogeneous distribution of pressure within contact areas.
The distribution of mean bone density in the articular surface of femoral and tibial condyles shows a central maximum. The tibial articulation surface is concave and shows the higest bone density values compared to the corresponding convex femoral condyles. In the patella the individual pattern of subchondral bone density shows a highly non-uniform arrangement. For this reason mean bone density does not reach the values seen in the corresponding femoral trochlea.
H. Literaturverzeichnis
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Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Hans-Georg Liebich für die freundliche Überlassung des Themas und die hervorragenden Arbeitsbedingungen an seinem Institut.
Herrn PD Dr. Johann Maierl danke ich für die Betreuung und Anleitung bei der Durchführung und Ausarbeitung dieser Arbeit durch alle Höhen und Tiefen, ganz besonders für die Hilfe beim Aufbau der Druckversuche und Lösung diverser Computerprobleme.
Frau Professor Dr. Ulrike Matis danke ich für die freundliche Überlassung des Computertomographen in der Chirurgischen Tierklinik.
Ganz herzlich danke ich TÄ Dagmar Krauss für die kollegiale Zusammenarbeit bei der Erstellung der CT-Messungen.
Frau Silvia Mitterer danke ich für motivierende Gespräche und schwäbisch exaktes Korrekturlesen.
Herrn Kelm, Herrn Obermayer und Herrn Hecher danke ich für die Hilfe beim Besorgen der Präparate und die Unterstützung bei handwerklichen Problemen.
Frau Thurid Billian-Willscheid danke ich für die Orientierungshilfe im Literaturdschungel.
Mein herzlichster Dank gilt meinen Eltern und meinem Mann, die mich in jeder Hinsicht während der gesamten Zeit unterstützt haben.
Lebenslauf
Stefanie Riegert, geborene Rigl
Geburtstag | 26.03.74 |
Geburtsort | Günter Franz Rigl, 26.12.37 Heide Marlene Rigl, geb. Sturm, 24.06.43 |
Eltern | Günter Franz Rigl, 26.12.37 Heide Marlene Rigl, geb. Sturm, 24.06.43 |
Familienstand | verheiratet |
Schulbildung | |
1980 – 1984 | Uhland-Grundschule in Geislingen |
1984 – 1993 | Helfenstein-Gymnasium in Geislingen |
Berufsweg | |
1993 – 1995 | Ausbildung zur Medizinisch-Technischen- Radiologieassistentin (MTRA) an der Schule für medizinische, nicht-ärztliche Berufe in Ulm- Wiblingen |
Oktober 1995 – Oktober 1996 | Röntgenassistentin in der Röntgenabteilung des Städtischen Krankenhauses München-Neuperlach |
November 1996 -Februar 2001 | Studium der Tiermedizin an der LMU München |
seit November 1999 | Doktorandin am Institut für Tieranatomie I der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians- Universität München |
19.April 2002 | Approbation |
seit April 2002 | Freie Mitarbeiterin in tierärztlichen Praxen |
seit November 2003 | angestellte TÄ in der Gemischtpraxis |